Mittelalterliches

Liedberg I - Römerwacht


Für Liedberg werden drei zeitlich verschiedene Burganlagen vermutet: Römerwacht, Mühlenturm und Schloss Liedberg. Bei der ältesten - der sogenannten Römerwacht - wird allerdings auch eine völlig andere Interpretation diskutiert.
Nach tradierter Ansicht handelt es sich dabei um eine Höhenmotte. Per Definitionem wird nur dann von einer Motte gesprochen, wenn der Hügel künstlich aufgeschüttet wurde. Eine Höhenmotte stellt damit einen Sonderfall dar, da sie aus dem Umgebungsmaterial heraus geschält wurde. Der Aushub wurde wie bei Hochmotten zur Anlage eines Walls verwendet. Im flacherdigen Niederrhein stellt eine solche Motte eine Ausnahmeerscheinung dar. Eine Höhenmotte findet sich z.B. bei Alt-Windeck oder vielleicht bei Nesselrath. Eine für Motten typische Vorburg ist im Geländeprofil von Liedberg nicht (mehr) zu erkennen. Das Radarbild zeigt einen etwa 10m langen Verbindungsdamm zum zentralen ca. 32m durchmessenden Bereich, was im Verteidigungsfall eine Schwachstelle darstellen würde. Üblicherweise wurden leicht zerstörbare Holzbrücken im Zugangsbereich verwendet. Unklar ist, ob dieser Damm erst später angelegt wurde.
Spekulativ ist auch der vormittelalterliche Verwendungszweck als römische Signalstation oder als ein Überbleibsel einer barocken Gartenanlage. Eine weitere Deutung hebt den Ort als mögliche keltische Kultstätte hervor. Die diesbezügliche Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Römerwacht
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Römerwacht: Eine Kultstätte der Kelten? (NGZ)

Liedberg II - Mühlenturm


In der zeitlichen Abfolge der Liedberger Wehrbauten steht der gut 16m hohe "Mühlenturm" an zweiter Stelle. Der Rundturm ist das Überbleibsel einer Befestigung und das wohl älteste überirdische Bauwerk Liedbergs. Seine Datierung ist nicht ganz klar und zeigt je nach Quelle erhebliche Abweichungen. Eine ältere Vermutung, die auf das Jahr 900 verweist, erscheint mir arg spekulativ - waren zu dieser Zeit doch vorwiegend eckige Türme verbreitet. Die runde Bauform setzte sich erst zwischen dem 12. und 13. Jh. durch.
Eine Burg der Herren von Liedberg ist für das Jahr 1166 schriftlich dokumentiert. Es ist sehr gut möglich, dass der Mühlenturm den Bergfried der damaligen Burg darstellt.
Der Turm besteht überwiegend aus Sandstein, den oberen Abschluß bilden Backsteine. Das gleiche Material wurde auch am Fuß verwendet, wo ein verstärkender Mantel aus Backsteinen um den Turm gelegt wurde. Dies geschah zum Zeitpunkt seiner Umwidmung zur Windmühle im 16,Jh. Als solche wurde er zwischen 1572 und 1836 genutzt bis ein Sturm die Flügel abriss und das Dach beschädigte. Danach verfiel er. Vor einigen Jahren wurde er durch den Besitzer saniert und steht nun Besuchern gegen ein kleines Eintrittsgeld offen.
Der Mühlenturm
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Mühlenturm für alle geöffnet (NGZ)

Liedberg III - Schloss Liedberg


Das heutige Schloss basiert auf einer älteren Burg, von der noch einige Elemente erhalten blieben. Grundmauern deuten auf einen Vorgängerbau aus dem 11.Jh. hin - also auf eine Zeitspanne für die das Geschlecht derer von Liedberg noch nicht dokumentiert ist. Über die Beziehung eines solchen Gebäudes zur Römerwacht oder dem Mühlenturm scheint nichts bekannt zu sein.
Der dominante und früher einmal nach aussen Oxid-rote Torturm / Bergfried stammt ebenso wie der Mauerring aus der Mitte und dem Ende des 14.Jh., beide stehen damit für den Rest der ursprünglichen Burg als Grundlage des späteren Schlosses. Bereits 1391 erlitt die Mauer der Burg Schäden bei der Bestürmung durch Engelbert von der Mark und wurde danach samt neuer Türme wieder erbaut.
Eine Zerstörung erlebten der Ort Liedberg und die Burg 1673 während des Holländischen Krieges. Danach - zwischen 1680 und 1708 - erfolgte durch den damaligen Burgvogt Herman Damian Nideggen ein Wiederaufbau der Burg zu einem barocken Schloss, dessen zwei Flügel sich nördlich an den Torturm anlehnen.
Der 2.Weltkrieg hinterließ ebenfalls Schäden am Schloss. In seiner Folge zeigte der schon zuvor eingesetzte Verfall einen weiteren Fortgang. Seit 2007 wird Schloss Liedberg wieder aufgebaut. Davor stehend sieht man links den "Vogelsang" genannten Gebäudetrakt aus dem ausgehenden 17.Jh., der seit 1896 verfiel und der nun wieder rekonstruiert wurde. Daran schließt sich nach einer Trennwand der "Gülich" an. Seine Fasade wurde im späten 19.Jh. umgestaltet. Vor Vogelsang und Gülich steht ein kleinerer roter Backsteinbau aus dem 15.Jh.. Es könnte sich dabei um eine frühere Küche oder aber um den Rest eines Wehrturms handeln, der dem Schutz des vormaligen Zwingers diente. Der Rechteckbau auf der rechten (südlichen) Seite des Torturms wird als "Rittersaal" bezeichnet. Das Gebäude war weitgehend eingestürzt und wurde in den letzten Jahren neu wieder aufgebaut.
Burg Liedberg (sehr detailliert!)
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Letzte Änderung: 06.04.2024 - 18:47
Quelle: www.lipinski.de/burgen/vorschau.php
Abgerufen: 09.05.2025 - 08:09 Uhr
Dateiversion vom: 06.04.2024 - 18:47Uhr
Autor: Klaus Lipinski, Düsseldorf
Email: info(at)lipinski.de
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