An meinen ersten Besuch kann ich mich noch gut erinnern: das offene Tor, der Wachdienst, der keine 20m von mir entfernt vorbeifuhr - und dieser Riesenklotz von Gebäude, der größer und größer wurde je näher ich heran kam. Schon damals randalierte irgendjemand auf dem Dach und hin und wieder flogen Flaschen oder Steine herunter.
Das war symptomatisch für diesen Gebäudekomplex, der immer wieder Besuch von Menschen bekam, die es in erster Linie auf Diebstahl und Zerstörung abgesehen hatten. Nachdem Metalldiebe dort reiche Beute gemacht hatten, blieb die Anlage den Sprayern, Vandalen und Fotografen überlassen. Ortsansässige Jugendliche erkoren den Ort zu ihrem Abenteuerspielplatz.
Bei so viel unbedarften Besuchern konnte es nicht ausbleiben, dass irgendwann einmal etwas passieren würde. Nachdem bereits die Bodengitter der hoch oben zwischen den Gasreinigungsbehältern verlaufenden Verbindungsstege demontiert worden waren, probierten einige Jugendliche im Juli 2013 trotzdem den Balanceakt über die verbliebenen Streben. Ein 15-jähriges Mädchen verlor den Halt und stürzte in den Tod.
Dadurch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, kam nun Bewegung in die Pläne zum Abriss. Im Dezember 2015 dröhnte ein Explosionsknall über das Gelände und kündete von der Sprengung des letzten Gebäudeteils. Der sich in der Nähe befindende OP-Stollen hat die Sprengung wohl überstanden. Wenn sich hier aber bald der Landschaftspark Nord ausdehnen wird, sind wohl auch seine Tage gezählt.
Die Sinteranlage in Duisburg-Beeck stammte aus den späten 1950er-Jahren. Ihr Zweck bestand aus einer Optimierung von Feinerzen, die den Betrieb von Hochöfen behindert hätten. Diese Feinerze wurden in Öfen zu größeren Stücken zusammengebacken und waren nach der Fertigung häufig kugelförmig. Die Erzbunker der Sinteranlage lagen direkt neben den Bahngleisen - und ebenso gab es direkt hinter der Ofenanlage eine Gleisanlage zum Abtransport des Sinters. Die Sinteranlage in Beeck versorgte nach einer 1964 erfolgten Fusion die Duisburger Stahlstandorte in Beeck, Ruhrort und dem benachbarten Meiderich. Im Laufe der Stahlkrise der 70er und 80er Jahre konzentrierte der Thyssen-Konzern seine Produktion auf den Standort in Duisburg-Hamborn, andere Standorte wurden geschlossen. Dies traf in der Mitte des Jahres 1983 dann auch die Sinteranlage in Beeck.
Das Gelände war seit den 1910er Jahren zum Abkippen von Hochofenschlacke genutzt worden. Nach der Schließung der Sinteranlage nutzte bis 1995 eine Firma zur Aufbereitung von Schlacke das Terrain und baggerte den größten Teil der alten Schlackenmasse ab. Für weitere 20 Jahre stand die Sinteranlage dann bis zu ihrer Sprengung leicht zugänglich im Duisburger Norden und kündete vom Niedergang der einst die Stadt prägenden Montanindustrie.
Ausführliche Beschreibung bei 'Rotten Places'"
15-Jährige stürzt in den Tod - Hintergründe des Dramas
Video der Sprengung 2015
englischer Text