Mit keinem anderen Standort habe ich mich schwerer getan einen adäquaten Text zu schreiben, als mit diesem. Es war schon ein sehr merkwürdiges Gefühl durch die Anlage zu laufen. Es gab etliche Besucher im Umfeld des Parkplatzes und des Festsaals, in dem gerade ein Konzert mit alten Filmmusiken statt fand. Aber den weitläufigen Rest hatte ich fast für mich alleine. Gebäude und Monumente aus der NS-Zeit gibt es auch in meiner Heimatstadt. Dadurch, dass ich mit ihnen aufwuchs, stellten sie nie etwas besonderes dar, sondern waren Bestandteile des Alltags. Mit den Schrecken der Vergangenheit habe ich sie daher nie verbunden.
Aber hier war das nun anders. Es klingt sicher etwas zu theatralisch, aber hier wurde für mich das Böse greifbar. Hier wurde mir bewußt, wie sehr der Nazi-Kult ganze Bevölkerungsteile vereinnahmte und welche Mittel dafür aufgeboten wurden. Das hier ist nicht Berlin, nicht Nürnberg. Das hier ist quasi um die Ecke. Und verborgen in den Hügeln der Eifel.
Zuerst ging ich durch das Barackenviertel der belgischen Kaserne. Ich erinnerte mich an mehrtägige Aufenthalte in ähnlichen Camps der Lüneburger Heide. Damals war ich froh nicht länger in solchen Baracken untergebracht zu sein. Aber wie war das hier? Waren die Belgier hier permanent untergebracht? Die Winter in der Eifel können ganz schön knackig sein und eine Baracke ist dann mit Sicherheit kein angenehmer Platz für eine Unterbringung.
Danach durchwanderte ich den älteren Bereich, in dem früher die NS-Kaderschmiede untergebracht war. Und hier wurde meine Laune dann sichtlich gedrückt. Es lag wohl einerseits an der massiven Architektur, andererseits auch an dem Vorwissen um die Geschichte des Ortes. Ein Blick in das Innere der Gebäude war nicht möglich, der zentrale Bereich wurde umgebaut, alles war gut zugesperrt und zusätzlich durch einen Zaun abgeriegelt.
Man kann darüber sinnieren, ob (para-)militärische Organisationen eine spezielle Affinität zu Orten mit dem Namen Vogelsang haben. Neben der Kaserne Vogelsang im Westen gab es mindestens noch die Garnison Vogelsang im Osten. Weniger spekulativ ist die Geschichte der in der Hügellandschaft der Eifel gelegenen Burg und Camp Vogelsang. Entworfen wurde die "Ordensburg" von Clemens Klotz, der seinen Monumentalismus auch im Seebad Prora verewigte. Die Erforschung und Einordnung in historischer Sicht ist im Falle von Vogelsang weit gediehen - Bücher, Filme und Webseiten bieten ein reichhaltiges Faktenangebot. Es würde den Rahmen dieser Seite sprengen, diese hier nach zu erzählen. In diesem Sinn möchte ich lieber auf die folgenden Links verweisen.
Nachtrag 2018:
Die Baracken des ehemals belgischen "Camp Vogelsang" wurden seit 2017 zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt und sind daher kein "lost place" mehr. Nahezu allen anderen Bereichen ist nun ebenfalls eine neue Nutzung zuteil geworden.
Wikipedia: NS-Ordensburg Vogelsang
Belgische Kasernenanlage und Truppenübungsplatz Camp Vogelsang (KuLaDig)
Lagekarte mit Neunutzungen
Geheimnisvolle Orte: Geheimnis Burg Vogelsang (Video, WDR 2015, 43 Min.)
Hitlers Eliteschüler (360° Video vom WDR)
englischer Text