Nach etlichen Windungen einer bergigen Landstraße und einer recht stark frequentierten Schotterpiste lande ich dann doch noch vor der Zufahrt der Villa Moglia. Eigentlich hatte ich sie schon von meiner Besuchsliste streichen wollen - nur um es mir dann doch wieder anders zu überlegen. Da liegt sie jetzt vor mir - frisch eingedeckt, ein neues Dach wurde investiert um den weiteren Verfall zu stoppen. Das Gebäude steht zum Verkauf, doch niemand will es haben. Derzeit gehört es noch der Stadt Turin, die aber die weiteren Instandsetzungskosten nicht aufbringen kann oder will. Das ist inzwischen zu einem Dauerzustand verkommen und so dient der Komplex wohl hin und wieder als Filmkulisse für Gruselfilme oder (deutlich häufiger) für satanische Messen und Exkursionen spraydosenliebender Teenager. Es ist zwar inzwischen deutlich umständlicher hinein zu gelangen, aber wer suchet, der findet. Und dazu sind offenbar recht viele Leute in der Lage. Trotzdem konnte ich mich dort in einem Alleingang in aller Ruhe umsehen.
Die Villa Moglia ist inzwischen ein rechtes Trümmerfeld mit versteckten Gefahren. Ich erinnere mich an einen gekachelten Raum. Irgend jemand vor mir hat diesen betreten - wonach der Tragbalken unter den Kacheln nachgegeben hat. Nun ist dort der Boden von der Wand abgerissen und man kann durch einen Schlitz hindurch sehen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein anderer unbedacht oder im Dunkel wieder seinen Fuß darauf setzt und mitsamt Gebälk und Fliesen in die Tiefe stürzt. Merke: traue keinem Boden, auch wenn er aus Stein ist. Darunter mag sich durchgefaultes Holz verbergen.
Manche Räume sind bereits komplett in sich zusammengebrochen. Und auch im Aussenbereich sind gebrochene Treppenstufen oder Löcher in ihrem Unterbau zu finden. Man sollte hier nur mit dem notwendigen Respekt unterwegs sein oder es sein lassen.
Die Villa Moglia war ursprünglich eine Seidenweberei, bevor sie 1725 vom Architekten Luigi Barberis zum Sommerwohnsitz einer Turiner Adelsfamilie umgebaut wurde. Es war damals in Mode diese Anwesen mit Weinbergen zu umgeben - und so ist es verständlich, dass auch Wirtschaftsgebäude errichtet wurden. Ebenso wurden auch weiterhin Maulbeerbäume zur Kultivierung von Seidenspinnerraupen angebaut.
Nach zahlreichen Besitzerwechseln ging die Villa 1924 an einen Werbefachmann, der das kostbare Interieur verkaufte. Es blieb eine Gebäude-Hülle übrig, die dann von der Ordensgemeinschaft der Salesianer genutzt wurde, die hier ihre Missionare ausbildeten. Seit den 1990er Jahren steht das Gebäude leer.
Weiterführende Links:
Project for the renovation of villa Moglia
La “filanda” di villa Moglia
englischer Text