Vettigne ist eine ehemalige Ortschaft im Piemont, deren Gründung in das 15. Jahrhundert zurück reicht. Sie lag in der Nähe eines später kanalisierten Flußlaufes sowie an einem wichtigen Handelsweg in Richtung Schweiz - der dort zu entrichtende Wegezoll vermehrte schnell das Vermögen der Bewohner. Um 1460 entstand die mit einer Zugbrücke gesicherte Burg, das eigentliche Castello der Anlage. Dieser Bereich erfuhr zahlreiche Umbauten. Das Torgebäude war einst von zwei Wohngebäuden flankiert, die aber später über dem Tor verbunden wurden und die heutige Villa darstellen.
Gebaut wurde damals auf einem noch stabilen Grund - erst mit dem Aufkommen des Reisanbaus um 1700 und den damit verbundenen Überflutungen hob sich der Grundwasserspiegel. Der weiche Boden bedroht heute den Hauptturm, der sich bereits deutlich zur Seite geneigt hat und dessen Wendeltreppe im Kern massive Risse zeigt. Er benötigt dringend eine Stabilisierung oder er wird in sich zusammen brechen, wie es bereits der kleinere Turm seitlich der Villa getan hat.
Durch den Reisanbau wurde Vettigne vom Weiler zu einem der wohlhabendsten Gutshöfe der Umgebung, zeitweilig lebten dort 500-600 Menschen. Für sie wurden Wohngebäude errichtet, es kamen Stallungen und Lagerräume hinzu, die nun ein großes umschlossenes Viereck vor der Villa und dem Castello bildeten. Im Laufe der Zeit gab es in Vettigne eine Kirche, eine Mühle, eine Bäckerei, eine Schule und eine Taverne.
Über die Jahrhunderte wechselten die Besitzverhältnisse, Schloß und Ländereien waren im Besitz verschiedener bekannter Adelshäuser. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges gehörte das Gut der Familie Savoyen, die es dann aber verkaufte.
Mit dem Aufkommen der Technisierung der Agrarkultur begann in den 1960'er Jahren der Niedergang. Die Arbeitskräfte auf dem Land wurden nicht mehr gebraucht, gleichzeitig boomten Industriestädte wie das nahe Turin. Die Menschen zogen weg aus Vettigne und ihre alte Heimat verkam zu Beginn der 1980er Jahre zu einem Geisterort.
Seit 1998 befindet sich Vettigne in Privatbesitz. Die Besitzer stemmen sich gegen den Verfall, stehen aber ohne ausreichende finanzielle Unterstützung auf verlorenem Posten. Ein kleiner Teil des Geländes ist verpachtet, der größte Teil jedoch ist verlassen. Man hatte schon in die Infrastruktur investiert, als vor einigen Jahren ein Tornado die Bäume im Innenhof und zahlreiche Wirtschaftsgebäude zerstörte. Vor einigen Jahren haben Architekturstudenten aus Turin eine Bauanalyse vorgenommen und ein Nutzungskonzept entwickelt. Leider ist aus diesen Plänen niemals Realität geworden.
Die Einkünfte, die seit 2006 mit B&B in der alten Taverne erwirtschaftet werden, reichen nur für kleinere Instandhaltungen. Somit bietet sich hier die einmalige Gelegenheit ein Quartier inmitten eines zerfallenden Ortes zu beziehen und den Geist der Vergangenheit zu spüren. Apropos Geist: es soll hier tatsächlich spuken, aber das nur so nebenbei ...
Wer nun Interesse an einem Besuch gefunden haben sollte: bitte kontaktiert Enrica über die unten angegebene Website und sichert euch das Gefühl damit etwas Gutes getan zu haben. Meine Fotos entstanden während eines einwöchigen Aufenthaltes vor Ort, der mir genug Zeit gab verschiedene Lichtstimmungen auszunutzen. Leider blieben mir die Nachtaufnahmen mit gefluteten Reisfeldern versagt - dazu war es die falsche Jahreszeit. Eigentlich ein Grund noch mal hin zu fahren...
Weiterführende Links:
B&B "il Passatempo di Enrica"
Untersuchung durch Architekturstudenten
Santhià e la sua storia - Il castello di Vettignè
The Abandoned castle of Vettignè, in Santhià, Piedmont
Luftaufnahme vor dem Tornado
klassischer Film über die Reisernte: Bitterer Reis ("Riso Amaro")
TRANSLATION BY GOOGLE: Vettigne is a former village in Piedmont dating back to the 15th century. It lay close to a later canalised river course as well as on an important trade route in the direction of Switzerland - the road toll to be paid there quickly increased the wealth of the inhabitants. Around 1460 the fortress, secured with a drawbridge, was built, the actual Castello of the complex. This area experienced numerous conversions. The gate building was once flanked by two residential buildings, which were later connected to the gate and represent today's villa.
The building was built on a still stable ground - with the advent of rice cultivation around 1700 and the associated floods the ground water level rose. The soft ground today threatens the main tower, which has already inclined to the side and whose spiral staircase in the core shows massive cracks. He desperately needs a stabilization or he will collapse as the smaller tower at the side of the villa has already done.
Through the cultivation of the rice, Vettigne was transformed from the hamlet to one of the most prosperous farms in the area, and for a time there lived between 500 and 600 people. For them, residential buildings were erected, stables and storerooms were added, which now formed a large enclosed square in front of the villa and the castle. In the course of time there was a church, a mill, a bakery, a school and a tavern in Vettigne.
Over the centuries, ownership changed, and the castle and lands were owned by several well-known nobility houses. Until the end of the Second World War, the estate belonged to the Savoy family, which sold it.
With the advent of the technization of agrarian culture, the decline began in the 1960s. The labor force in the country was no longer needed, at the same time booming industrial cities like Turin. The people moved away from Vettigne and their old homeland became a ghost town at the beginning of the 1980s.
Since 1998, Vettigne has been privately owned. The owners stand against the decay, but are without a sufficient financial support in the lost position. A small part of the terrain is leased, but most of it is deserted. One had already invested in the infrastructure when a tornado destroyed the trees in the inner courtyard and numerous economic buildings a few years ago. A few years ago, architecture students from Torino made a building analysis and developed a usage concept. Unfortunately, these plans have never been a reality. The income generated in B&B since 2006 in the old tavern is limited to minor maintenance. This is the unique opportunity to find a lodging in the midst of a decaying place and to feel the spirit of the past. Speaking of the spirit: it is actually haunted here, but only by the way ...
If you are interested in a visit, please contact Enrica via the website below and make sure you have done something good. My photos were taken during a one-week stay on site, which gave me enough time to use different lighting moods. Unfortunately I missed the night shots with flooded rice fields - it was the wrong season. Actually a reason to go again ...