Ein Bahnhof der besonderen Art - nicht für das gemeine Volk gebaut, sondern einer von der eher privaten und elitären Art. Das macht schon die Bauweise deutlich, die ganz auf Repräsentanz setzt und Anleihen beim Burgenbau nimmt. Welch anderer Bahnhof erinnert denn sonst schon mit seinem kreisförmigen Mauerwall und dem angesetzten Turm an ein Gebäude wie die römische Engelsburg?
Gehen wir doch einmal gut 100 Jahre zurück und stellen uns vor, wir würden zu Europas High Society gehören. Gelangweilt vom ewig gleichen Müßiggang an sonnigen Mittelmeerküsten oder in Alpenressorts würden wir vielleicht einmal die Ardennen mit ihrer Regengarantie als willkommene Abwechslung betrachten. Wir würden uns für die Anreise für das moderne Verkehrsmittel der Eisenbahn entscheiden. Und da wären wir auch schon ...
Dunkler Rauch markiert die geschlängelte Route der Bahn durch gewundene Täler, die Dampflokomotive schnauft und ächzt. Schließlich ein gellender Pfiff, gefolgt von kreischenden Bremsen und wir stehen mit unserem Abteil direkt vor dem Portikus des Bahnhofs. Das Gepäck wird von der Dienerschaft entladen, wir werden respektvoll empfangen und durchschreiten die Tür des fensterlosen Baus, der klar signalisiert, dass hier nicht jeder hereinkommt. Vor uns liegt ein kreisförmiger Hof, darin aufgespannte Kutschen und unauffällige Betriebsamkeit des Dienstpersonals. Wir besteigen eine der Kutschen, passieren in ihr einen vom Weg zerteilten Felsblock und schrauben uns auf einem spiralförmigen Weg weiter nach oben. Oben am Portikus steht ein salutierender Bahnbeamter, wir übersehen ihn mit standesgemäßer Distanz und schenken der Bahnhofsanlage einen letzten Blick, bevor der Weg an Höhe gewinnt und im Wald verschwindet. Nach kurzer Fahrt erreichen wir das luxuriöse Schloßhotel, die Kutsche mit dem Gepäck folgt kurz darauf ...
So ähnlich mag es hier einst zugegangen sein, heute künden nur noch die Reste eines Lagerfeuers davon, dass hier weiterhin Menschen ankommen und ihre freie Zeit verbringen ...
Am 1. April 1896 wurde die Bahnstrecke zwischen Gendron-Celles und Houyet in Betrieb genommen. An ihr befindet sich der Haltepunkt "Halte Royal d'Ardenne", der bis 1919 verwendet wurde und seitdem ungenutzt an der Bahnstrecke steht.
Der Anlaß zu seiner Errichtung lag in dem Wunsch König Leopold II., aus dem nahe gelegenen Château Royal d'Ardenne ein Hotel von internationalem Rang zu machen und Gäste aus dem (Geld-)Adel zu beherbergen. 1898 wurde der Umbau des Chateaus vollzogen und der Hotelbetrieb aufgenommen. Während des 1.Weltkriegs wurde das Luxushotel stark beschädigt und daher geschlossen, jedoch im Jahr 1921 wieder eröffnet. Der Bahnhof blieb aber weiterhin geschlossen.
Der Hotelbetrieb lief bis 1950, 1968 brannte das leerstehende Schloß aber aus und wurde in den 70'er Jahren abgerissen. Das Château Royal d'Ardenne bestand aus mehreren Gebäuden, ein übrig gebliebener Teil wird heute durch einen Golfclub genutzt.
englischer Text