Zugegeben: auch ich bin 2013 erst durch Medienberichte auf diesen Ort aufmerksam geworden - wie so viele andere auch. Mit eigenständiger Suche hat dieser Besuch also nichts zu tun. Und meine Erwartungshaltung war wohl etwas zu hoch, wurde doch überall der Begriff der "Siedlung" verwendet. In der Realität war es dann wenig mehr als ein Häuserblock, bei dem nahezu alle Gebäude gesichert waren. So ganz alleine war ich auch nicht, irgendwer stromerte immer irgendwo in einer Ecke herum. Wer waren diese Leute? Jedenfalls keine Fotografen. Vielleicht Zeitungsleser?
Die Zechensiedlung Schlägel & Eisen gehörte nicht zum gleichnamigen Steinkohlenbergwerk im benachbarten Herten, sondern zur Zeche Zweckel in Gladbeck. Schlägel und Eisen waren die typischen Werkzeuge des Bergmanns in den Anfangsjahren des Bergbaus und haben daher ihre symbolhafte Bedeutung bekommen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sie häufig zu Namensgebern wurden.
1913 wurde zwischen Schlägelstraße, Eisenstraße und Bohnekampstraße die Zweckeler Kolonie mit 572 Wohnungen gebaut. Gedacht war sie für die Beleschaft der Zeche Zweckel, deren Produktionskapazität ab 1912 deutlich anstieg. Der erste Weltkrieg verzögerte den weiteren Ausbau der Wohnsiedlung, erst 1920 - nun in städtischem Besitz - entstanden weitere Erweiterungsbauten.
1963 stellte die Zeche Zweckel die Kohleförderung ein. Die Kolonie wechselte daraufhin mehrfach die Besitzer. Ihnen gemeinsam war, dass nicht mehr in die Gebäudesubstanz investiert wurde und ein langsamer Verfall einsetzte. Ab 2012 setzte eine mediale Berichterstattung über einen Ort des Grusels oder irgendwelcher Geister ein. Im Januar 2013 zogen die letzten Mieter aus. 2019 wurde die alte Zechensiedlung schließlich abgerissen.
Zum Zeitpunkt der Errichtung verkörperte die Zechensiedlung Schlägel & Eisen einen modernen Ansatz vom Typus Gartenstadt. Waren die Bergleute bislang häufig in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, so standen ihnen hier Wohnungen zur Verfügung. Im Innenhof befanden sich Gärten sowie Stallungen für Kleinvieh wie Hühner und Ziegen. Wäsche wurde dort zum trocknen aufgehangen, die Nachbarn trafen sich, es entwickelte sich ein ausgeprägtes Sozialleben wie man es heute wohl kaum mehr erleben kann.
Abriss-Tagebuch
Luftbild nach dem Abriss
Besuchsbericht von 2018
Video vom Abriss (WDR-Lokalzeit)
englischer Text