Eine ausgedehnte Industriebrache mit den Ruinen einer real gewordenen Dystopie - das ist alles, was im Frühjahr 2002 von den Betriebsanlagen des Hütten- und Stahlwerks Rheinhausen übrig geblieben ist. Gleich einem gestrandeten Flugzeugträger ruhte darin die langgestreckte Ofenbatterie der angegliederten Kokerei. Auf engem Raum waren damit alle Betriebsteile vereint, die zu einer effizienten Stahlproduktion nötig sind. Die direkte Lage am Rhein tat ihr übriges, um einen weiteren Standortvorteil zu schaffen. Und doch sollte all das am Ende nicht reichen.
Die lange Geschichte der Werksanlage lässt sich unter den angegebenen Links ausführlich recherchieren - daher erfolgt hier nur ein kurzer Abriß. Die Lage am Rhein, bestehende Bahnverbindungen und nahe gelegene Kohlenbergwerke gaben Ende des 19. Jahrhunderts den Ausschlag für die Standortwahl. 1896 begannen die Bauarbeiten und schon im Folgejahr konnten die ersten beiden Hochöfen angeblasen werden. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurde die Anlage Zug um Zug erweitert und stellte eine beachtliche Ansammlung verschiedenster Werke dar: Thomasstahlwerk, Benzolfabrik, Brikettfabrik, Drahtwalzwerk, Zementwerk, Schlackensteinfabrik, 2 Martinwerke, 10 Hochöfen, 2 Schachtöfen, Kupolöfen, Eisenbauwerkstätte und Hafenanlage bildeten vor dem ersten Weltrieg ein riesiges industrielles Areal.
Mit dem Ende des Krieges begann ein wechselvolles Auf- und Ab: Entkopplung von Rohstoffen, Plünderungen und Streiks sowie die Weltwirtschaftkrise der 20er Jahre sorgten für Produktionsrückgänge. Die gelenkte Wirtschaft unter den Nationalsozialisten kurbelte die Produktion an, im Krieg wurden die Werksanlagen durch Luftangriffe nur schwach beschädigt. Die Aufbaujahre nach dem 2. Weltkrieg stellten den Beginn von Investitionen dar, die bis in die 70er Jahre anhielten.
Doch spätestens mit dem Beginn der 80er Jahre schlug die Stahlkrise nun auch auf das Rheinhausener Werk durch, die Arbeitskämpfe dieser Zeit sind legendär. Aber es half nichts.
Teil für Teil wurde stillgelegt, 1993 wurde das Hüttenwerk geschlossen. 1999 wurde das Stahlwerk gesprengt, die letzten Hochöfen folgten im September 2000.
Und so blieb mir 2002 nur die Feststellung, dass ich Jahre zu spät gekommen war. Aber auch die damals noch stehenden imposanten Reste stellten nur ein Intermezzo dar, inzwischen sind auch sie verschwunden und auf der 2,56km² großen Fläche etablierte sich der Duisburger Logport.
Weiterführende Links:
Wikipedia
Kultur Landschaft Digital
Der Spiegel: Schlimmer als alles, was die Region erlebt hat (Dezember 1987)
Video: Zeitreise nach Rheinhausen
Giovanni Pinna: Fotos aus der Betriebszeit
Alexander Gläsner: Der Mythos Rheinhausen
Gregor Tamm: Die Kathedrale (1997)