Der Ort, mit dem ich es heute zu tun habe, war ursprünglich etwas für die Kategorie "de-mobile Hinterlassenschaften". Nun muss ich aber inzwischen anerkennen, dass die ehemalige Zeche auch ihre eigenen interessanten Spuren des früheren Arbeitslebens bereit hält. Schlecht für ein Schubladendenken, aber gut für abwechslungsreiche Motive. Wobei ... man darf sich hier keinen Illusionen hingeben. Die Fahrzeugsammlung wurde bereits stark vandalisiert, irgendwelche Schwachköpfe sind wohl über die Autodächer gesprungen, nahezu alle Scheiben wurden eingeschlagen und die von mir ausserordentlich gering geschätzten Sprayidioten haben auch überall ihre Tags hinterlassen. Kann man denn nicht wenigstens per Zeitsprung die Erfindung der Spraydose rückgängig machen? Es wäre echt ein Segen ...
Ort des Geschehens ist eine stillgelegte Kohlenmine in Ostbelgien. Sie umfasste einmal drei Schächte und gehörte zu einer größeren Grubengesellschaft. Die Kohleförderung begann hier bereits um 1530, die industrielle Förderung startete aber offiziell erst am 20.9.1870. Nach hundert Jahren waren die Kohlevorkommen abgebaut, eine Zeche nach der anderen im Verbund schloß ihre Tore. Diese hier war die letzte des Verbundes und förderte bis bis zum 1.7.1969. Gut ein Jahr später wurde der Schacht versiegelt. Bis auf das Gebäude mit Waschkaue und Lampenstube wurden die oberirdischen Bauten abgerissen.
Die Zukunft des alten Zechengeländes ist ungewiss. Das Grundstück wurde wohl an zwei Investorengruppen verkauft. Bodenanalysen erbrachten katastrophale Rahmenbedingungen: Kohlenwasserstoffe, Blei, Nickel, Zink, Kupfer und sogar Quecksilber wurden in unterschiedlichen Tiefen gefunden. 2011 legte der Entwickler Pläne auf den Tisch, wonach dort ca. 100 teilweise gartenlose Wohnhäuser gebaut werden sollten. Der Gefahr im Boden wollte man Herr werden, in dem man einfach über eine Textilschicht eine saubere Bodenschicht von 0,5 bis 1m Dicke aufträgt und den Anbau von Obst- und Gemüsepflanzen verbietet - was bei Anwohnern und Stadt einen Aufschrei der Empörung zur Folge hatte. Diese Lösung wäre weitaus billiger gewesen als eine rund 25 Mio. Euro teure Bodensanierung, hätte aber bei der Abwasserentsorgung Probleme bereiten können. Dagegen stemmte sich die Stadt, Gutachten und Verfahren wechselten sich ab, bis es 2012 zu einer Ablehnung dieses Sanierungsverfahrens durch die wallonische Regionalregierung kam.
In der Halle und den Werkstätten des verbleibenden Gebäudes fand eine Auto-Sammlung ihren Platz, dazu gehörten Ersatzteillager und Werkstattbereich. Der mit grobem Pinselstrich aufgetragene Name eines Rennfahrers auf einem der Fahrzeuge und ein Firmenschild führen zu einem ortsansässigen Familienbetrieb, der seit fast 100 Jahren die Marke Ford vertritt. Unschwer zu vermuten, dass der Fahrzeugbestand wohl die Folge eines Hobbys eines der Familienmitglieder ist. Weitere Informationen über die Sammlung liegen nicht vor. Wann und warum sie sich dort selbst überlassen wurde ist ein Rätsel.
Video: 1946 Ford Truck nach Restaurierung
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