Sundkøbing-Nokken
Die nachgebaute kleine Hafenansiedlung ist das wohl charmanteste Element des Mittelalter-Zentrums. Typische Gebäude eines Hafenortes wurden hier nachgebaut. Ihre Anzahl ist gegenüber mittelalterlichen Zeiten streng reduziert, früher hätte es weit mehr gegeben. Aber auch so kann man sich in der einen vorhandenen Gasse schön dem Gefühl einer Zeitreise hingeben.
Dominiert wird der Ort von dem rot gefärbten Haus des reichen Kaufmanns und Bürgermeisters. Seine Farbe zeugt von Reichtum, der sich auch im Inneren wiederspiegelt. Es ist das einzige Haus mit einem gefliesten Boden, der dort den Ausstellungs- und Verkaufsraum aufwertet. Im Obergeschoss gibt es einen Raum für Versammlungen und Veranstaltungen. Flankiert wird das rote Haus auf einer Seite von einem Küchengebäude, in dem für den Kaufmann und seine Familie gekocht wird.
Auf der anderen Seite schließt sich das bescheidene Haus der Schuhmacher mit einem Stampflehmboden an. Gegenüber am Haus der Wollfärber zeigt sich der Wohlstand an einem teilweise gepflasterten Boden, einer eigenen Toilette und einem Ziegeldach.
Am Ende der Gasse hat ein weiterer Kaufmann sein Domizil, der mit Töpferwaren, landwirtschaftlichen Produkten, Seilen, Tierfellen und weiterem handelt. Das Dach ist ein Reetdach, aber Fenster mit Buntglas, gefliester Wohnbereich und anderes deuten auf eine gehobene soziale Stellung hin.
Etwas abseits steht das frühere Fischerhaus, in dem nun die Familie des Seilmachers (Reepschläger) lebt. Dort ist genug Platz für den Aufbau einer Reeperbahn, mit der lange Seile für die Schiffsausstattung hergestellt werden.
Sundkøbing
Durch ein bescheidenes Tor betritt man kurz hinter dem Museumseingang den Bereich des Dorfes Sundkøbing. Dorf ist sicher etwas übertrieben, es sind nur wenige Häuser die hier exemplarisch stehen und von Gärten zur Selbstversorgung umgeben sind. Sundkøbing ist ein Marktflecken, dessen Häuser sich um den zentralen Marktplatz gruppieren. Handwerker stellen vor ihren Häusern die selbstgefertigten Produkte aus und am Marktplatz bieten die Marktstände auch angereisten Händlern (gegen einen Tribut) die Möglichkeit hier tageweise ihre Waren anzubieten. Über Nacht müssen sie das Dorf aber wieder verlassen.
Die Handwerkshäuser verändern durch An- oder Umbau über die Jahre schon mal ihre Funktion - abhängig davon, wer dort zu einer bestimmten Zeitstellung einzieht.
Am Marktplatz von Sundkøbing fällt einem sofort ein großer roter Bau in's Auge - es ist ein früheres Lagerhaus, das nun im Obergeschoss mit einer Herberge aufwartet und im Erdgeschoss zwei Gewerberäume besitzt. In den 6 Betten der Herberge fanden 12 Reisende ihren Platz - es war normal, dass man zu zweit in einem Bett übernachtete. In den beiden Gewerberäumen hatten sich eine Schneiderin und ein Maler / Zeichner / Schriftgelehrter eingemietet.
Kriegsmaschinen
Im Wald gibt es einen mittelalterlichen Technologiepark zu sehen. Ausgestellt sind u.a. Nachbauten von Hebemaschinen und Belagerungsmaschinen sowie anderen Objekten der Wehrtechnik. Dazu gehört auch eine Konstruktion, die heute wohl als
Brückenleger bezeichnet würde.
Ein etwas sonderbar aussehender
Kriegswagen ist das nachgebaute Modell eines ersten gepanzerten Sturmgeschützes - angelehnt an die spätmittelalterliche
Konstruktionsskizze im Hausbuch von Schloss Wolfegg (ca. 1470-1500).
Höhepunkt und Wahrzeichen des Museums ist aber die größte
Blide (Trebuchet, Tribok) Europas. Sie steht zusammen mit einer etwas kleineren Variante auf der anderen Seite der Bucht und zeigt ihre Wirksamkeit bei einer täglichen Vorführung.
Bei der großen Blide dienen Treträder zum Vorspannen des Wurfarms, die aus Sicherheitsgründen nur von Mitarbeitern des Museums bedient werden dürfen.
Bei der kleineren Blide werden die Besucher unter lauten und ruppigen Kommandos als Hilfe bei der Demonstration mit eingespannt. Bei dieser Konstruktion wird der der Hebel über einen Seilzug in eine gespannte Position gebracht.
Das Turnier
Die Existenz einer Turnierbahn neben einem Dorf ist wohl eher der Besucherunterhaltung geschuldet als historisch begründbar. Fanden die Turniere des Mittelalters zunächst im Umfeld adeliger Burgensitze statt, so wanderten sie im Spätmittelalter aus ökonomischen Gründen in oder in die Nähe von Städten. Aber nicht zu Dörfern. An 6 von 7 Tagen tragen hier in Sundkøbing die Ritter ihr Turnier aus, nach ihrer Vorstellung durch einen Herold lautstark unterstützt vom Publikum der einen oder der anderen Tribüne.
Beim Ringstechen mit der Lanze hat man hier in Sundkøbing klassisch kleine Ringe eingesetzt - die aber nicht wie wie größere Ringe bei anderen Veranstaltungen von Menschen gehalten wurden, sondern auf festen Stangen befestigt wurden. Und beim Äpfelschlagen taten es statt der mir bis dahin bekannten Äpfel auch die wohl kostengünstigeren großen Küchenzwiebeln.
Das Saustechen zu Pferde bot einen eigentümlichen Anblick. Oder genauer gesagt: die Ziele am Boden (Hände? Köpfe?). Mangels dänischer Sprachkenntnisse halfen mir da auch die Erläuterungen des Herolds nicht weiter.
Den Abschluß des Turnieres bildete der klassische Tjost - der lanzengeführte Kampf zweier gerüsteter Ritter gegeneinander.