Das Schulsystem in Belgien umfasste früher eine Grund-, Mittel- und höhere Schule. 1865 wurde in der Stadt dieses Lyzeums von liberalen Kräften eine Mittelschule für Mädchen geplant. Die katholischen Kreise der Stadt lehnten diese Pläne ab, für sie war die nicht konfessionell gebundene Schule ein Hort von liberalem und freien Denken und damit verbundener Gottlosigkeit. Zwei Jahre dauerte es, bis die Pläne unter stetig steigendem Bedarf für höhere Bildung und gestiegenen Schülerzahlen genehmigt wurden. In der Anfangsphase wurde die Schule nacheinander in zwei anderen Gebäuden untergebracht. Schließlich war es der Stadtverwaltung möglich ein eigenes Grundstück für die Schule zu erwerben und dort einen Neubau zu planen.
Zwischen 1874 und 1876 war es dann so weit. Der Stadtrat organisierte einen Wettbewerb, aus dem die Brüsseler Architekten J. Benoît und J. Vanderstraeten als Sieger hervor gingen. Sie stellten ihren Entwurf unter das zeitgeistige Motto "Gesundheit und Beaufsichtigung" (Salubrité et Surveillance) und setzten sich damit durch. Nach etlichen Umplanungen waren sie dann aber nicht mehr in der Lage den Bau zu überwachen und überließen dies dem Zweitplatzierten des Wettbewerbs. 1876 wurde das Bauvorhaben abgeschlossen.
Die "École des Demoiselles" wurde 1881 von der Stadt übernommen und Jahrzehnte später (1925) in "Lycée Royal" umbenannt. Diese Bezeichnung behielt die Schule bis zum August 1946, als es zu einer kurzfristigen und verwirrenden Umbenennung kam, die kurz danach wieder rückgängig gemacht wurde.
Ging es bei der schulischen Ausbildung anfangs darum, den jungen Frauen das Rüstzeug für ein Leben als Hausfrau zu vermitteln, so schlug man 1924 einen neuen Weg ein, indem eine geisteswissenschaftliche Grundausbildung ermöglicht wurde. Während des zweiten Weltkriegs - die Deutschen hatten das Gebäude wie schon zuvor im ersten Weltkrieg für sich okkupiert - wurde an einem Ersatzstandort der Grundstock für eine moderne Ausbildung gelegt. Mathematik und moderne Wissenschaften gehörten von nun an zum Lehrplan. In den 70er Jahren wurde die Lehre abermals überarbeitet und 1979 kam es zu einer Fusion mit einer anderen Schule, in deren Verlauf eine chemisch-industrielle Abteilung installiert wurde, die bis 1986 Bestand hatte. Die Schüler wechselten schließlich erneut zu einem anderen Schulneubau und in das altehrwürdige ehemalige Lyzeum zog eine Ausbildungsstätte für Berufe in der Krankenpflege ein.
Schlußendlich erwarb die SPGE (Société publique de Gestion de l'Eau) das Gebäude und unterhielt hier eine Zeitlang einige Büros. Wann genau die Nutzung endete, ist mir nicht bekannt. Auch im Jahr 2018 ist die SPGE noch immer im Besitz des Gebäudes und muss im Juni 2018 entscheiden, ob sie hier noch einmal mit Büros vertreten sein wird oder eine andere Nutzung möglich wird.
Vorder- und Rückfassade sowie der überdachte Innenhof wurden am 10.Juni 2005 unter Denkmalschutz gestellt.
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