Wie verkorkst sind eigentlich Teile unserer Gesellschaft? Es gibt Momente, da möchte selbst ich so langsam nicht mehr an mich halten. Beispiel gefällig? Hier ist eines ...
Da gibt es dieses Herrenhaus, zwischen 1843 und 1846 durch Paul Gustav von Hagenow im spätklassizistischen Stil erbaut, damals noch mit drei Türmen, weithin durch seine helle Außenfarbe erkennbar.
1992 wird es in einigermaßen gutem Zustand von der Treuhand an einen Privatinvestor verkauft - ohne die Auflage zur Sanierung. Doch der ist nur am Land ringsherum interessiert und nicht am Herrenhaus. Seine radikale Idee die Türme abzureißen und neu zu bauen gefiel dem Denkmalschutz verständlicherweise nicht.
Folge: der Herr wird bockig, beschwert sich, dass er keine Fördermittel bekommt. Und lässt das Schloss absichtlich verfallen. Wenn er es nicht so haben darf, wie er es will - dann soll es auch kein anderer haben. Interessenten gab es wohl - doch die lässt man abblitzen. Die Denkmalschützer sind machtlos, die Bewohner des kleinen Dorfes stehen hinter ihrem neuen Grundbesitzer und wollen den Schandfleck beseitigt haben.
Egoismus und Ignoranz auf der einen Seite - Naivität und Machtlosigkeit auf der anderen - ich fühle, wie die Wut in mir hochkocht.
Nachtrag: Das Satellitenbild zeigt im Jahr 2016 eine Baustelle. Offenbar entsteht innerhalb der entkernten Aussenmauern ein Neubau mit identischem Grundriß. Inzwischen muss man schon froh sein, wenn wenigstens das äußere Erscheinungsbild beibehalten wird.
Weiterführender Link:
Die Welt - Leise bröckelt der Putz von den Baudenkmälern
englischer Text