Vor über 100 Jahren grassierte die TBC und fand gerade unter der ärmeren Bevölkerung ihre Opfer. Vielerorts wurden auf Betreiben von Versicherungsträgern Sanatorien gebaut, um die menschliche Arbeitskraft für Bergbau und Industrie zu erhalten. Aber auch die bessere Gesellschaft blieb nicht verschont, die morbide Attitüde der TBC wurde teilweise regelrecht zelebriert. Noch stand man bei der Behandlung in den Kinderschuhen, noch war die Sterblichkeitsrate hoch. Sanatorien in Gebieten mit sauberer Luft waren ein erster Heilungsansatz. 100 Jahre später ist die Tuberkulose aus dem Bewusstsein der Gesellschaft fast verdrängt. Die Hinterlassenschaften dieser Volksseuche sind jedoch noch immer zu finden.
Zu lange schon stehen diese Sanatorien leer, um noch mit Gegenständen des Klinikbetriebes die Geschichte ihrer Patienten oder des Pflegepersonals zu erzählen. Hier und da steht noch eine Badewanne oder hängt eine Lampe an der Decke - viel mehr ist im Inneren nicht geblieben. Die Fenster mit zerissenen Folien geben an diesem Tag dem frostigen Wind ausreichend Schlupflöcher, um auch durch die ehemaligen Patientenzimmer zu fegen. Der Blick nach draußen macht die Abgeschiedenheit klar, wegen der die Kliniken hier errichtet wurden. Und trotzdem finden Vandalen ihren Weg auch bis hier hin.
Für die Knappschaftsheilstätte und ihre Zusatzgebäude gibt es eine überaus informative Website, die detailliert auf ihre Planung eingeht (siehe unten). Daher folgen hier nur ein paar Eckdaten. 1896 erfolgte die Grundsteinlegung, nach zwei Jahren Bauzeit wurden die ersten Patienten im Januar 1898 aufgenommen. Das Hauptgebäude diente als Lungenheilstätte - überwiegend für Bergleute. Der medizinische Leiter hatte seinen Vertrag dahingehend abgestimmt, dass er dort nur für ein Grundsalär arbeitete, daneben aber die Möglichkeit für einen eigenen Sanatoriumsbetrieb erhielt. Zu diesem Zweck wurde dem benachbarten Arzt-Wohnhaus ein kleineres Sanatorium angebaut, das ca. 10 wohlhabende Privatpatienten aufnehmen konnte. Dieses wird bis heute als Sanatorium Dr.Kremser bezeichnet. 1918 wurde das Privatsanatorium geschlossen und das Gebäude zur Unterbringung von Klinikpersonal verwendet, welches zuvor im Dachgeschoss der Hauptgebäude untergebracht war.
Wie so viele andere Klinikgebäude wurde auch die Knappschaftsheilstätte im 2.Weltkrieg als Lazarett verwendet. Nach dem Ende des Krieges erfolgte vorübergehend eine Nutzung durch die russische Armee.
Danach gab es wechselnde Trägerschaften des Sanatoriums. Zwischen 1974 und 1976 erfolgte ein Umbau und schließlich wurde das ehemalige Sanatorium zu einem Rehabilitationszentrum für Querschnittgelähmte. Dieser Umbau betraf in starkem Maß die 1907 erbaute Kapelle, die zur Zeit der DDR bis dahin als Abstellraum diente. Sie erhielt ein Bewegungsbad, Bereiche für die Physiotherapie und einen Gymnastikraum im Obergeschoss. Im März 1997 wurde die Behandlung eingestellt, die letzten 61 Patienten wurden in eine neue Klinik verlegt.
Architekturwelt Sülzhayn
Dubtown: gleicher Ort, gleiche Zeit
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