Wenige Stunden vor dem Besuch der alten Industriestätte brannte der Dachstuhl ab. Es tut jedesmal weh, wenn so etwas geschieht. Aber wenn es dann nur rund 10 Stunden sind, die man zu spät kommt, steigert das den Ärger noch deutlich mehr. Die Luft im Dachgeschoss war schwer gefüllt mit Brandgeruch, die verkohlten Reste des Daches verströmten immer noch Hitze. Die entkernten Etagen darunter waren durch Leere geprägt und so bot das alte Fabrikgebäude nur wenig an sehenswertem.
Das Fabrikgebäude im Westen von Leipzig hat im Laufe seiner Geschichte eine ganze Reihe höchst unterschiedlicher Verwendungen gefunden. Auch wenn es hinsichtlich der Historie schwankende Angaben gibt, scheint doch Konsens darüber zu bestehen, dass das Dietzold-Werk im Jahr 1905 im Auftrag des gleichnamigen Unternehmers erbaut wurde.
In seinen Mauern befand sich anfangs eine Metallwarenfabrik, die kleinere Erzeugnisse wie Drahtprodukte, Federn, Nägel und Schrauben herstellte. 1912 wechselte dann die Nutzung, eine Kürschnerei verarbeitete nun Pelzwaren. Auch diese Fabrikation währte nicht ewig und so zog eine Fabrik für Elektroschaltgeräte ein.
Das Jahr 1969 brachte einen erneuten Wechsel in die Werksgeschichte: fortan gehörte das Dietzold-Werk als Maislager zum Mitteldeutschen Maiswerk und wurde 1974 dem VEB Maiswerk Zerbst angegliedert.
Die Wiedervereinigung der beiden Deutschen Staaten besiegelte zugleich das Ende des Dietzold-Werkes, das seine Tore schloss und seitdem dem Verfall ausgesetzt war.
Gut 20 Jahre später und nur wenige Stunden vor meinem Besuch brannte dann mitten in der Nacht der Dachstuhl ab. Man kann wohl davon ausgehen, dass die Ursache keine natürliche war. Jedenfalls ist das meine Einschätzung, zu oft schon hat der "warme Abriss" seine Opfer unter erhaltenswerten Gebäuden gefunden.
2013 erhält das Dietzold-Werk eine neue Perspektive. Ein Investor erwirbt es, saniert es teilweise und schafft hier eine Künstlerresidenz mit Ateliers. Die weitere Planung sieht einen Ausbau mit Wintergarten im Hof, einem Restaurant und einer teilüberdachten verglasten Veranstaltungsfläche auf dem Dach vor.
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