Bruckhausen war Kulisse für zahlreiche Schimanski-Tatorte, der nahe Hochofen war schon fast zu einer Ikonografie geworden, Güther Walraff lebte eine Zeitlang hier und der "Sheriff von Bruckhausen" hatte hier einst sein Revier. So war es und so wird es nicht mehr sein.
Planungen zum Abriß von Bruckhausen hatte es bereits in den 1970'er Jahren gegeben - umgesetzt werden sie nun fast 40 Jahre später. Ist solch eine Vorgehensweise heute noch zu rechtfertigen? Woanders werden Gebäude aus der Gründerzeit erhalten - und hier werden sie abgerissen. Ein Haus ist aber nicht nur ein architektonischer Zeitzeuge sondern vor allem auch ein Zuhause. Und mit dem Flächenabriß verlieren zahlreiche Bewohner ihre Heimat, Kleinunternehmer ihre Geschäftsgrundlage.
Natürlich gibt es einen jahrzehntelangen Verfall, der nicht zu verleugnen ist. Von dem Moment, an dem die Pläne zur "Flächensanierung" publik wurden, stoppten sicherlich die meisten Investitionsvorhaben. Fortschreitender Verfall, sinkende Mieteinnahmen, ein städtisches Verbot weiterer Sanierungsmaßnahmen, eine Verschiebung des sozialen Gefüges - eine Spirale des Abstiegs wurde in Gang gesetzt. Nun verschwindet ein 120 Häuser umfassender Stadtteil aus wilhelminischer Zeit, seine verbliebenen Bewohner müssen weichen. An seine Stelle tritt ein Grüngürtel, der Abstand zwischen dem Thyssen-Krupp-Stahlwerk und den nächsten Wohnhäusern schafft. Allerdings bietet er dann auch dem Konzern die Möglichkeit, innerhalb des bestehenden Betriebsgeländes zu erweitern und Anlagen näher an diesem Grüngürtel zu bauen.
Der Fall von Bruckhausen bleibt kompliziert, Interessen und Argumente von allen Seiten sind nachvollziehbar. Es bleibt ein "Problemviertel" ohne starke Lobby und mit einem mehrheitlich durch Migrationshintergrund geprägtem Bevölkerungsanteil.
Wie geht man nun als Fotograf mit einer solchen Situation um? Ich habe mich gegen eine hier voyeuristisch erscheinende Darstellung teilabgerissener Häuser und Straßen entschieden. Gegen die Schuttberge, gegen die Bagger, gegen das durchaus zugängliche Innere vieler Gebäude. Es wäre respektlos gegenüber den Menschen, die hier gewohnt haben und wohnen - und nun vertrieben werden. Noch ist Leben in diesen Straßen und niemand möchte wohl erklären müssen, warum man es zwischen Schuttbergen aushält. Ich denke, dass die Trostlosigkeit und Unabwendbarkeit schon alleine über die Fassaden mit ihren Fenster und Türen dargestellt werden kann, die früher einmal Kunden, Gäste und Bewohner empfangen haben. Und nun verhangen und verbarrikadiert sind.
Bruckhausen-Blog der Geschichtswerkstatt Duisburg Nord
Bruckhausen - ein Stadtteil kämpft - ein Dokumentarfilm von 1975 (47 Minuten)
Video: Die Wahrheit über Hans Raulins Revier
Abriss im Arbeiterviertel - eine Reportage von Sebastian Scholl
Westfalenpost: Abriss von 121 Häusern
englischer Text