In Deutschland würde man wahrscheinlich von einem Gutshof sprechen, in Belgien ist dies ein "Hof-Schloss". Sein Kern ist ein burgartiger Befestigungsturm aus dem 13. oder 14.Jahrhundert. Direkt daneben befindet sich ein vom Innenhof sichtbarer Rundturm unbekannten Baudatums. Die übrigen Gebäude sind neueren Datums - das aus dem 17.Jahrhundert stammende Wohnhaus wurde zwei Jahrhunderte später umgebaut. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude gehen auf das 18.Jahrhundert zurück.
Die Anlage gehörte möglicherweise bereits im 16.Jahrhundert zum Besitz der niederadeligen Familie de Viron. Ansonsten ist als Eigentümer noch der belgische Politiker und Rechtsanwalt Gustave de Terwangne bekannt, dem das Anwesen bis 1925 gehörte. Zuletzt bewirtschaftete eine Familie Legros den Hof, musste aber aus gesundheitlichen Gründen den Hof aufgeben. Seitdem verfiel die leer stehende Anlage.
Es gibt nach wie vor Planungen zum Ausbau zu einer 23-teiligen Wohnanlage mit 15 zusätzlichen Wohnhäusern, Wassersammelbecken und eigener Kläranlage auf dem umgebenden Grundstück. Bereits 2011 wurden diese Planungen genehmigt, der Bauträger musste aber wegen Finanzierungsproblemen aufgeben. Der Gutshof wurde Anfang 2016 von der Lütticher Immobilienfirma Mimob erworben, die nun die alten Pläne fast ungeändert fortführen wollte. Erste durchgeführte Arbeiten betrafen die Rodung des überall wuchernden Gestrüpps und die Sanierung der alten, windschiefen und einsturzgefährdeten Turmhaube. Aber bereits im weiteren Verlauf des Jahres 2016 wurden die Arbeiten wieder gestoppt - Grund war erneut die fehlende Finanzierung. Ende 2018 sollte die Baugenehmigung verlängert werden.
Wie es nun Ende 2021 um das Bauvorhaben steht, ist mir nicht bekannt. In StreetView sieht es aber ganz danach aus, dass es bis Mitte 2021 keinen weiteren Fortschritt mehr gegeben hat.
Der Besuch im August 2012 verlief unspektakulär. Das Zufahrtstor stand ebenso offen wie jede andere Tür. Einrichtung war nicht mehr vorhanden - von der vandalisierten Küche abgesehen. Fotoalben lagen herum mit Pflanzen- und Hundefotos. Und leider auch ein Hundekadaver mitten im Wohnhaus. Auf den Fensterbänken fand sich reichlich Knoblauch, als wenn sie hier zur "Vampirabwehr" abgelegt worden wären. Irgendwie findet sich ja immer etwas, was man sich nicht recht erklären kann ...
Zeitraffervideo der Turmhauben-Demontage
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A ,B: 3D-Entwürfe des Hofes nach Sanierung