Tuberkulose war zur Zeit der Industrialisierung ein ernstes Problem für die europäischen Gesellschaften. Mangels bakteriologischer Fortschritte, die sich erst später einstellten, griff man auf Pflegemethoden zurück, die im wesentlichen auf frische Luft, Ruhe, Wärme und gute Ernährung setzten.
Zu diesem Zweck entstanden zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert in Belgien 19 Sanatorien - überwiegend auf privater Basis. Nur zwei davon waren aus öffentlichen Mitteln finanziert. Eines war das "Sanatorium du Basil" (der echte Name lautet anders), das ab 1900 für damals 1,2 Mio Francs erbaut wurde. In diesen Baukosten waren ein 56 Hektar großes Gelände, Nebengebäude und eine Privatstraße enthalten.
Nach drei Jahren Bau- und Planungszeit wurden 1903 die ersten Patienten aufgenommen. In der Anfangszeit handelte es sich dabei ausschließlich um erkrankte Männer aus der Industriestadt Lüttich, für die 114 Betten zur Verfügung standen. Erst später öffnete sich das Sanatorium auch für erkrankte Frauen.
Die Lage des Sanatoriums war wohl überlegt. Das Hauptgebäude lag in 415m Höhe an einem Hang mit Nadelwald. Auf drei Seiten wurde es durch den schützenden Wald abgeschirmt und nach Süden öffneten sich die Fenster und Terrassen mit Blick auf den kleinen Park und die Hügellandschaft. Ein guter Ort um saubere Luft und Wärme zu tanken.
Man legte Wert auf eine größtmögliche Autarkie von den umgebenden Dörfern. Das Wasser entsprang einer etwa 2,5 km entfernten Quelle. Abwässer wurden mit Kalkmilch desinfiziert und zur Bewässerung des eigenen umgebenden Landes verwendet. Um das Dorfleben und den aufkeimenden Tourismus nicht zu stören, sah man von Bestattungen auf den Dorffriedhöfen ab und legte stattdessen einen eigenen kleinen Friedhof an. Das infektiöse Sputum der Patienten wurde mit Torf vermischt, verbrannt und die Überreste in einem Tank isoliert.
Die Bausubstanz aus Sandstein, Holz und Beton ist bis heute grundsolide. Die Böden bestehen aus einem Spazialzement mit einer ebenen Linolith-Oberfläche, die Wände waren emailliert.
An der Nordseite des Hauptgebäudes schließt sich ein Block an, der im wesentlichen der funktionalen Infrastruktur diente. Hier standen Dampfmaschine, Dynamo und Akkumulatoren zur elektrischen Versorgung. Geheizt wurde mit einer Niederdruck-Dampfanlage. Auch war hier die Küche untergebracht, deren Personal die Räume darüber bewohnte. Wäscherei, Mangel und Desinfektion hatten ebenfalls hier ihren Platz, verteilt auf verschiedene Etagen. Im Verbindungsteil zum Hauptgebäude befand sich der Speisesaal.
Das Hauptgebäude stellte den Patienten im Keller Gymnastik- und Erholungsräume zur Verfügung. Im darüber liegenden Erdgeschoss boten Lese- und Tagesräume mit einer Deckenhöhe von 6m viel Luft zum atmen. Überhaupt war das Gebäude durchsetzt mmit Lüftungsschachten, die die verbrauchte Luft über Ventilatoren nach draussen entsorgten.
Die Patienten hatten ihre Zimmer in den mittleren Etagen. Wenn sie sich nicht gerade Einzelzimmer leisten konnten, lagen sie mit 3, 4 oder 6 Personen in großzügig dimensionierten Zimmern. Diejenigen, die zu schwach für Spaziergänge waren, konnten auf der umlaufenden Gallerie der ersten Etage die frische Luft geniessen. Im Obergeschoß, in der Etage unter dem Betondach, lagen die Wohnräume des Pflegepersonals und der eine oder andere Lagerraum. Auf der Ostseite ist ein Verwaltungsgebäude angebaut, das auch die Ärztewohnungen enthielt. Dort waren ausserdem Bäder und Duschen untergebracht, sowie Laborräume, Isolationsräume, Schwesternzimmer, Büros und Besprechungsräume.
Über die jahrzehntelange Nutzung und Umbauten ist wenig herauszufinden. Nachdem es möglich war, die Tuberkulose medikamentös zu behandeln, verloren viele Sanatorien ihre Existenzberechtigung. Hier war das wohl nicht der Fall. Die Schilder an der Zufahrt weisen auf eine weiterlaufende klinische Nutzung hin, auch wird von einer Umwandlung zu einer Psychiatrie berichtet. Farbgebung der Räume und andere Indizien deuten auf eine Kinder- und Jugendklinik hin. Doch all das ist nicht verifiziert und kann daher nur vermutet werden.
Gesichert scheint jedoch das letzte Kapitel in der Geschichte: bis 2010 diente das ehemalige Sanatorium zu Reha-Zwecken mit bis zu 150 Angestellten. Dann kam es zu einer Zusammenlegung mit einer anderen Reha-Klinik in Verviers aus dem gleichen Verbund und damit verbunden zur Aufgabe des Klinik-Betriebes an diesem Standort. Zwischen September 2010 und September 2013 diente das Gebäude zur Aufnahme von bis zu 170 Asylsuchenden. Dann wurde es aus Kostengründen geschlossen.
Inzwischen wurden nahezu alle beweglichen Werte und Einrichtungen vom Gebäudeeigentümer abtransportiert, die Räume sind daher fast vollständig leer. Aber vielleicht nicht leer genug für die nächste Generation der Besucher. Beim Verlassen des Geländes entstiegen auf dem nahen Parkplatz zwei Männer in Handwerker-Outfit und kleiner Werkzeugtasche einem Kombi mit Aachener Kennzeichen und marschierten zum langsam in der Dunkelheit liegenden Sanatorium. Gewiß waren das keine Fotografen und ich sah sie schon vor meinem geistigen Auge mit Waschbecken, Heizkörper oder anderem zum Auto zurückkehren. Nicht mehr lange und die nächste Besuchergruppe von Sprayern und Paintballern wird dem jetzt noch so intakt scheinenden Gebäude den Rest geben.
englischer Text