Geisterdorf - wer denkt da nicht zuerst an eine verlassene Goldgräber-Stadt in Nordamerika? An einen von jenen Orten, wo der Wind irgendwelche Sträucher durch die verstaubten Straßen treibt und alte Holzschilder an rostigen Ketten quitschend und knarrend vor sich hin baumeln. Orte, die wir meistens nur aus Film und Fernsehen kennen, weit weg und irgendwie nicht Bestandteil unseres Alltags.
Aber so weit muss man gar nicht blicken, Geisterdörfer gibt es auch in Europa. Im Rheinland erzeugt sie der Braunkohleabbau, an den Küsten sind es Hafenerweiterungen, woanders ist es wieder ein Kraftwerksbau oder ein Erdbeben. Nicht gezählt jene Ortschaften, die inzwischen im Wasser diverser Talsperren liegen. Also so weit weg sind sie eigentlich gar nicht - und trotzdem umweht sie nicht der Hauch des Besonderen.
Zu Recht, wie ich eigentlich finde. Denn die menschgemachten Geisterorte sind im Normalfall kurzlebig und zeigen nicht die Romantik des Zerfalls. Eher das Streben einiger Kreise nach mehr Rendite und Umsatz. Das Ergebnis ist dann zutiefst traurig - aber nicht romantisch.
Ähnliches fühlte ich auch bei der sogenannten Sanierung in Duisburg-Bruckhausen, die inzwischen in diesem Teil der Stadt abgeschlossen zu sein scheint. Ich habe sie damals der Stadt Görlitz gegenüber gestellt, die ein riesiges Sanierungsvorhaben auf ganz andere Art gestemmt hat.
Zwei Städte, zwei unterschiedliche Vorgehensweisen mit höchst eigener Geschichte. Da ist auf der einen Seite Duisburg, die alte Industriestadt weit im Westen. Synonym für die Schwerindustrie im Ruhrgebiet, den Strukturwandel seit dem Zechensterben und eine kolossale Anreihung von Fehlplanungen in der Stadtentwicklung. Hoch verschuldet und kaum noch in der Lage in der Stadtentwicklung etwas zu bewirken. Meint man ...
Und auf der anderen Seite Görlitz im äussersten Osten - nahezu unbeschadet durch den Weltkrieg gekommen, dann in den Folgejahrzehnten heruntergewirtschaftet und nun wieder auferstanden wie ein Phönix aus der Asche. Nicht zuletzt mit Hilfe einer jährlich wiederkehrenden anonymen Großspende hat sich die Stadt zu einem kleinen Juwel gemausert. Die meisten Häuser erstrahlen in neuen Anstrichen und geben den Straßen eine Wohlfühlatmosphäre zurück, die man im Westen schon lange nicht mehr kennt.
Beide Städte haben gründerzeitliche Bausubstanz, größer und nobler in Görlitz, kleiner und bescheidener in Duisburg. Ein architektonisches Erbe, das noch jene bürgerliche Behaglichkeit ausstrahlt, die modernen Bauten in aller Regel fehlt. Man sollte meinen, dass solche Stadtteile eine entsprechende Wertschätzung erfahren. Aber leider ist dem nicht immer so.