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Das LagerGut 600 Teilnehmende verwandelten die Wiesen von Kloster Graefenthal in eine mittelalterliche Zeltstadt. Eines jeden Mittags zog die Schar der Lagernden in einem fast nicht enden wollenden Lindwurm zur Markteröffnung. Wer nicht gerade gewillt und vorbestimmt war um sich später zur Feldschlacht einzufinden, hatte nun den normalen Lager-Alltag vor sich. Der Samstag bot mit der Weihe der Osterkerze und dem Osterfeuer einen etwas abweichenden Tagesausklang als die beiden anderen Tage. MarkteröffnungEin Lindwurm ging herum. Jeden Tag zur Mittagszeit durchzog und umkreiste das Aufgebot der Lagergruppen den Ort des Marktgeschehens, um sich schließlich im Kreis um die beiden Veranstaltungs-Chefs zu versammeln. Gerade beim ersten Mal spürte man bei zahlreichen Teilnehmenden die Gelöstheit und Freude über den lang ersehnten Saisonbeginn. Auch wenn der Ruf nach "Freibier für alle" wohl ohne Folgen geblieben ist. Lager-AlltagDie im Laufe der Jahre gewachsene Veranstaltung in Kloster Graefenthal brachte es mit sich, dass dem Flächenbedarf der Lagergruppen Rechnung getragen werden musste. Die Aktionsflächen sind geschrumpft, der Lagerbereich ist hingegen gewachsen. Vielleicht wird es in Zukunft einen stärker separierten Frühmittelalter-Bereich geben, wir werden sehen ... Osterfeier und OsterfeuerDas Entzünden einer Kerze zu Ostern ist ein Brauch, der sich bis zur Spätantike zurück verfolgen lässt. Im Rahmen dieses Ritus wird u.a. in der römisch-katholischen Kirche die Osterkerze zum Beginn der Osternacht geweiht und entzündet.Geschmückt wird die Osterkerze mit der Jahreszahl und den Symbolen des Kreuzes und der Buchstaben Α und Ω (Anfang und Ende im griechischen Alphabet). Von der brennenden Osterkerze wird das Licht an die Kerzen der Gläubigen weiter gegeben. |
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VorführungenFür das zahlende Publikum gab es Veranstaltungen mit teils lehrreichem oder unterhaltsamen Charakter. Während die Greifvogelshow oder die Reiterdemonstration an jedem Tag statt fanden, blieb die Feuershow ene einmalige Aktion. Kampf- und Buhurt-DemoDer Buhurt stellte im Mittelalter als Schlachtsimulation einen Bestandteil eines Turniers dar. In der Gegenwart wird er als Sport auch unter dem Begriff des Vollkontaktkampfes ausgeübt und durch die "Eisenliga" organisiert.Feuer-Show von Arnout Schouten (Viking Empath)Kommentar aus Kindermund zu Beginn der Show: "Mit Feuer spielt man nicht!" Ganz genau. Aber die hier können und dürfen das. Arnout Schouten blickt auf eine langjährige Erfahrung mit seiner Feuershow zurück und gastiert hin und wieder bei Veranstaltungen von Kloster Graefentahl.Show der SchwanenreiterDie "Schwanenreiter" sind seit Jahren fester Bestandteil der Märkte in Kloster Graefenthal und zielten mit ihrer Darbietung vor allem auf das junge Publikum. Gezeigt wurden Übungen zu Pferd wie Saustechen, Ringe stechen und das Rolandreiten ("Giostra della Quintana"). Das Rolandreiten war in seiner Anfangszeit bei Bauernturnieren eine Gelegenheit den Adel zu verhöhnen, entwickelte sich später aber zu einem ernsthaften Wettkampf. |
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SpielleuteKein Markt ohne Musik - so steht es zwar nirgends geschrieben, aber so ist es nun mal. In diesem Jahr wechselten sich zwei Musikgruppen auf der Bühne ab: die praktisch schon zum Inventar zu zählenden "Viesematente" und erstmalig die "Spilldeyvel". SpilldeyvelMit ihren Masken zeigten die "Spilldeyvel" gleich zu Beginn, dass es bei ihrem Auftritt weniger um mittelalterliche Authentizität geht, sondern mehr um die Unterhaltung des Publikums. Der Markt in Graefenthal ist ja schließlich auch keine Museumsveranstaltung.Des Teufels Hofmusikanten - wie sie sich gerne nennen - ist eine seit 2020 bestehende Formation aus 7 Spielleuten, die hier in Graefenthal allerdings in kleiner Formation aufspielte. ViesematenteDer musikalische Fokus von "Viesematente" liegt auf der Musik des 13.-15. Jahrhunderts. So wie das musikalische Spektrum, sind auch ihre Instrumente den Originalen nachempfunden. Nun ja, vielleicht mit Ausnahme des Verstärkers, der der Bouzouki zu ihrem Gehör verhilft. Wenn die anderen auch immer so einen Lärm machen ... |
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EinzeldarstellungenAm liebsten wäre mir eine ganze Galerie mit Einzeldarstellungen - aber dazu langte es mal wieder nicht. Zwei Darsteller hatten aber dankenswerterweise die Zeit übrig, auch mal neben dem straffen Lageralltag zu posieren. Ein kumanischer Anführer zur Zeit der Goldenen HordeDie Völker der Kumanen und Kiptschaken gehörten zu den nomadisch lebenden turkisch-asiatischen Steppenvölkern. In einem gemeinsamen konföderierten Herrschaftsgebiet siedelten die Kumanen im westlichen und die Kiptschaken im östlichen Teil. Die Bedeutung des Namens "Kuman" ist strittig und variiert je nach heutigem Staat und Standpunkt. Einerseits wird zwischen beiden Völkern getrennt, andererseits gibt es die Ansicht, dass die Kiptschaken in den Kumanen aufgegangen sind. Ebenso gibt es die Ansicht, dass die Kumanen nur den westlichen Teil des Kiptschaken-Verbandes darstellten und auch deren Sprache sprachen. Zusätzlich verwirrend ist die gleichzeitige synonyme Verwendung beider Bezeichnungen. Die historischen Aktivitäten kumanischer Stämme zwischen Litauen und der Ukraine sind zu vielfältig um hier ausführlich beschrieben werden zu können. Zur Mitte und Ende des 11.Jh. wanderten die Kumanen/Kiptschak im Westen bereits bis nach Ungarn und in die Steppengebiete der Ukraine. Das 12.Jh. war geprägt von Auseinandersetzungen zwischen kiptschakischen und russischen Fürsten. Erst durch den Druck der im 13.Jh. einfallenden Mongolen kam es zu einer erfolglosen Allianz zwischen Rus und Kumanen. Spätestens 1241 unterlagen die Kumanen den Mongolen, die Stämme wurden zerstreut. Ein Teil der Überlebenden ging als Untertanen in der späteren Goldenen Horde auf, die wegen ihres hohen Anteils an der Bevölkerung zuvor auch "Kyptschak-Khanat" genannt wurde. Ein anderer Teil floh nach Westen - in das Byzantinische Reich, das 2.Bulgarische Reich oder in das Königreich Ungarn (wohin sie bereits 1239 gelangt waren). Schon 1241 verloren sie dort als Verbündete Ungarns erneut gegen die einfallende "Goldene Horde" der Mongolen. Die Wende brachte erst das Jahr 1262, als ein mongolischer Einfall abgewehrt werden konnte. Zwischen dem 18. und 19. Jh. erloschen die Spuren kumanischer Siedler in Ungarn. Der gezeigte kiptschakische Maskenhelm basiert auf einem Fund bei Kovali (Ukraine) aus dem Zeitraum von 1150-1250. Solche schnurrbärtigen Helmmasken waren bei osteuropäischen Reitervölkern bis in das hohe Mittelalter in Gebrauch. Die weitere Rüstung besteht aus einem flexiblen (selbst hergestellten) Lamellenpanzer, der bei eurasischen Reitervölkern bis ca. 1350 bevorzugt wurde. In Westeuropa wurde eher ein Kettenpanzer eingesetzt, der noch flexibler war und besseren Schutz gegen direkte Stiche bot. Helmet from Kovali 3D-Darstellung des Helms Geschichte der Kumanen (engl.) András Pálóczi-Horváth - Pechenegs, Cumans, Iasians (ab Seite 39) Der arabische GesandteEin Araber auf einem frühmittelalterlichen Markt ist gar nicht so unwahrscheinlich wie es zunächst scheint. Bestes Beispiel: Ya’qub al-Isra’ili aus dem maurischen al-Andalus in Spanien. Er ist der erste dokumentierte Reisende, den es nach Mitteleuropa verschlagen hatte. In den Jahren 965/966 verfasste er Reiseberichte über die Städte und die Lebensweisen der Menschen. Ya’qub al-Isra’ili war Händler, Gelehrter und Diplomat zugleich. Die hier gezeigte Darstellung lehnt sich an einer typischen Bekleidung der damaligen Zeit an. |
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FeldschlachtenDrei Tage - drei Schlachten-Darstellungen. Im Frühjahr unter dem Motto "Heiden gegen Christen", wobei letztere das Kloster zu verteidigen haben. Die Kämpfe sind "ergebnisoffen", wie es heutzutage so schön heißt. Also keine Absprachen wer zu gewinnen oder zu verlieren hat. TrainingDamit alles seinen halbwegs geregelten Gang geht, bedarf es aber einiger Trainingseinheiten für die neu zusammen gestellten Truppen. Vor allem die Bogenschützen müssen bei ihrem "archery training" ein Gefühl für die Reichweite ihrer Pfeile gewinnen. Zu leicht könnte sonst ein Pfeil seinen Weg über das relativ knapp bemessene Kampffeld hinaus finden.Das Verständnis für militärische Ordnung scheint jedes Jahr unterschiedlich verteilt zu sein. Sieht man beim gewöhnlichen Fußvolk häufig Ratlosigkeit oder Heiterkeit in den Gesichtern, scheinen die Kommandeure manchmal am Rand der Verzweiflung. Dieses Jahr ging's aber, Nervenzusammenbrüche habe ich nicht beobachtet. VorbereitungenSchließlich ist es soweit. Besucher und Darstellern fiebern dem Tageshöhepunkt entgegen. In der Stunde vor der Schlacht beginnt das Gerödel mit der häufig nur mit menschlicher Hilfe anziehbaren Schutzkleidung (aka Rüstung). Sind unsere Helden dann endlich von ihr umhüllt, heißt es sich zur Heerschau zu bewegen und dort vor allem erst einmal zu warten. Was an heißen Tagen nicht gerade ein Vergnügen ist. |