Irgendwie war ich schon richtig - aber trotzdem beschlichen mich ungute Gefühle. Es war Oktober, definitiv keine Touristenzeit, und auf den Landstrassen rund um den Monte Amiata war alles andere als viel los. Und nun steckte ich irgendwo im Nirgendwo - ringsherum nur Wald und kein Ausblick auf das, was vor mir lag. Dabei hatte ich doch nur den kleinen Waldweg genommen, der nach einer Beschreibung im Netz zur Mine führen sollte.
Immer wieder hieß es anhalten und den Weg abschätzen und sich dann dank Offroadtauglichkeit des Wagens eine Route über den vom Wasser teilweise weggespülten Schotterweg zu suchen. Eigentlich wollte ich ja lieber drehen und umkehren. Aber dazu war kein Platz und im Rückwärtsgang wäre ich diesen Weg bergauf auch nicht weit gekommen. Also weiter vorwärts, eine andere Alternative gab es nicht.
Dann sprangen plötzlich zwei Jagdhunde aus dem Unterholz und verschwanden ebenso plötzlich, wie sie gekommen waren. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich schließlich der Wald im Tal und ich konnte das Minengelände vor mir sehen. Und damit nicht genug: außerdem mündete hier eine komfortable Schotterstrasse mit Wegweisern zur Mine. Soviel zu Routenbeschreibungen im Netz ...
Vorbei an einem alten Stollen, in dem noch alte Holzleitern standen, ging es dann erst einmal zu einem rotgefärbten Verwaltungsbau, in dem sich auch Waschräume befanden. Weiter hinten im Wald lagen weitere Gebäude, teilweise noch mit sehr schönen gekachelten Böden. Aber ansonsten herrschte überall Leere vor: ausser ein paar alten Turnschuhen waren keine persönlichen Dinge zu finden, Büros und Werkräume waren kaum voneinander zu unterscheiden.
In der Mine wurde mehr als hundert Jahre lang Zinnober (Cinnabarit) gefördert. Zinnober ist ein rötliches Mineral, das aus den Grundbausteinen Quecksilber und Schwefel besteht. Es entsteht hydrothermal in der Nähe von Vulkanen - von denen es hier in im Gebiet zwischen Südtoskana und Latium ja eine ganze Reihe gibt.
Im Jahre 1841 wurden nach Regenfällen 40 Pfund reinen Zinnobers gefunden. Das Material wurde an einen Apotheker in Pitigliano verkauft, über den ein reicher Kaufmann von dem Fund erfuhr. 1846 erwarb er die Schürfrechte, gründete im Dezember eine Firma und begann 1847 mit dem Abbau.
1848 begann man mit der Errichtung von Anlagen zur Quecksilber-Schmelze, die 1849 startete. Schon einige Jahre später rentierte sich dies nicht mehr: der Markt ging ebenso zurück wie die Förderung. 1862 kam es nach personellen Wechseln in der Leitung schließlich zum Konkurs. Erst nach Jahren wurde die Produktion unter neuen Besitzern wieder aufgenommen.
Zwischen 1870 und 1890 erreichte die Produktion einen hohen Stand, nachdem man zuvor eine Ader mit hohem Quecksilbergehalt gefunden hatte (bis zu 38%). 1907 erfolgte die Elektrifizierung und die Ablösung von Dampfmaschinen.
Während des zweiten Weltkriegs kam es zu mehrjährigen Produktionsstörungen, aber bereits 1946 lief der Betrieb wieder rund. In den 1960'er-Jahren wurden dann noch einmal umfangreiche Modernisierungen vorgenommen.
Anfang der 70'er-Jahre geriet die Mine ins Straucheln, 1973 wurden 350 Arbeiter entlassen, das endgültige Aus kam schließlich Ende 1974. Einer anderen Quelle zur Folge ging unter anderen Besitzern die Gewinnung von Schwefelwasserstoff noch bis zum Jahr 1981 weiter.
Das mit Quecksilber kontaminierte Gelände wurde inzwischen abgetragen, ebenso wurden einige Gebäude abgerissen. Es ist offensichtlich geplant, das Minengelände als industriearchäologischen Standort touristisch aufzuarbeiten.
Nachtrag 2018:
Die Miniera del Siele ist längst kein "lost place" mehr, sondern ist nun musealer Bestandteil des umgebenden Nationalparks. Verschiedene Gebäude haben einen neuen Fassadenanstrich bekommen oder wurden restauriert. Gegen einen geringen Betrag werden nun Gruppenführungen angeboten. Und seit Dezember 2010 ist es möglich den Emilia-Stollen zu betreten und einige hundert Meter tief in den Berg hinein zu gehen.
Siele - Villaggio Minerario e Miniera
Video: Miniera del Siele - Immagini dalle Miniere del Monte Amiata
Museo delle Miniere di Mercurio del Monte Amiata
historische Fotos
La miniera del Siele - Comune di Piancastagnaio (PDF)
Progetto per la riapertura della Galleria Emilia in loc. ex Miniera del Siele
Kommunalverband Amiata: Dokumente und historische Abbildungen
It was October - definitely not a typical tourist season - and anything but a lot of traffic was going on the country roads around the 'Monte Amiata'. And now I was stranded somewhere in the nowhere - only forest around me and no view to a place behind. I had just taken the small forest road, which should lead to the mine according to a description on the Web. Again and again it was necessary to stop and proof the road, which was partially washed away by water and then to pass due to the offroad capability of the car. Actually I prefered to turn around and drive back. But there was no place to turn and in reverse gear I wouldn't drive up this way uphill very far. So I had to go forward, because there was no other alternative. Suddenly two dogs jumped out of the woods and disappeared just as suddenly as they had come. After a feeled eternity the forest finally opened up and I was able to see the mine'sarea in front of me. And that was not enough: there was also a comfortable gravel road with signs directing to the mine. So much for route descriptions on the internet ...
Passing an old tunnel, in which the old wooden ladders still stood, I arrived at the red coloured administration building, where also washrooms were to be found. Further buildings were deep in the forest, sometimes even with a beautiful tiled floors. But away from that there was emptiness everywhere: except from a few old sneakers were no personal things to find, offices and work spaces were hardly to be distinguished from each other.
For more than hundred years the Miniera del Siele was a place for the search of Cinnabar. Cinnabar is a reddish mineral, mainly consisting of the elements of mercury and sulfur. It develops in a hydro-thermal process near volcanoes - of which are a lot here in the area between South Tuscany and Lazio.
After heavy rain in the year 1841 were found 40 pounds of pure cinnabar. The material was sold to a pharmacist in Pitigliano and here a wealthy businessman heared about it. In 1846 he bought the mining rights, founded a company in December 1847 and began with the exploitation.
1848 they started with the establishment of facilities for the melting of mercury, which began 1849. Already some years later this didn't yield a profit: the market fell back as well as the promotion. Finally, after staffing changes in the leadership it came to bankruptcy in 1862. With new owners the production was resumed after some years.
After discovering a vein with high mercury content (up to 38%),the production reached a high level between 1870 and 1890. 1907 was the year of the electrification and the replacement of steam engines.
After multi-year production disruptions during the Second World War, the operation already ran around in 1946. The 1960'ies were years of some extensive modernization.
During the early 70'ies the mine got problems again, in 1973 350 workers were booted out and at last the final end came in 1974. Another source wrote, that the removal of hydrogen sulfide among other owners continued until the year 1981.
The mercury-contaminated ground has now been removed, as well as some buildings were demolished. Obviously it is planned to prepare the mine area as a tourist site.