Was heißt denn hier schon "lost place"? Zum Zeitpunkt der Aufnahmen war dies eigentlich ein fast normaler Stadttunnel, gut bekannt unter Fotografen und beliebtes Motiv mit marodem Charme. Egal ob als Hauptmotiv oder als Kulisse für Model-Shoots oder Schimanski-Tatorte. Mittlerweile ist der Matena-Tunnel aber tatsächlich ein "lost place": bis unter die Decke verfüllt mit Hüttensand und Zement ist er für niemanden mehr zugänglich. Noch nicht einmal für Tiere wie z.B. Fledermäuse - die fallen nämlich unter das Artenschutzgesetz und das könnte sich auf eventuelle Erhaltungsarbeiten am Tunnel auswirken. Vielleicht werden sich ja eines Tages Archäologen durch den Hüttensand wühlen und noch einmal Freude über ihr Fundstück empfinden. Wer weiß das schon ...
Der ca. 400m lange Tunnel aus dem Jahr 1912 unterquert ein Firmengelände von ThyssenKrupp und verband einst die Hamborner/Duisburger Stadtteile Bruckhausen und Alsum. Dort verlief die oberirdische Matena-Straße zwischen Stahlwerk und Hochofenwerk. Passanten und Fuhrwerke waren während der Betriebszeit dem heißen Staub des Hüttenwerks ausgesetzt. Die Gemeinde Hamborn wünschte sich statt der ebenerdigen Passage eine Tunnellösung mit ausreichendem Platz für eine Straßenbahn. Erst als ThyssenKrupp 1909 die kreuzende Erzhochbahn in Betrieb nahm, kam Bewegung in die Planungen. 1912 wurde der Matena-Tunnel offiziell eingeweiht und der Gemeinde übergeben.
Die durch den Tunnel fahrende Straßenbahnlinie wurde im Frühjahr 1965 ebenso eingestellt wie Alsum als ein Wohnort aufgegeben wurde - das Verkehrsaufkommen hatte stark nachgelassen, Alsum war im Krieg stark zerstört worden und litt später unter Bodensenkungen.
Bei der Inbetriebnahme war der Tunnel an seinen Seiten mit Fliesen verkleidet, die Decke war verputzt, die Beleuchtung bestand aus Schirmleuchten und der Straßenbelag aus Kopfsteinplaster. Über die Jahrzehnte hinweg wurde der Matena-Tunnel immer maroder und baufälliger. Die Beleuchtung hatte man durch ein Neon-Leuchtband ersetzt und das Kopfsteinplaster asphaltiert. Aber der Deckenputz bröckelte ab, der Asphalt war irgendwann schadhaft und die Fliesen verloren mehr und mehr ihren Halt. Die ursprünglich seitlich abgehenden Tunnelgänge zum ThyssenKrupp-Betriebsgelände waren schon längst vermauert. Es stellte sich mehr und mehr die Frage nach einer Instandhaltung, deren Kosten ThyssenKrupp zu tragen hätte.
2012 nahm sich der Denkmalschutz in soweit des Matena-Tunnels an, als dass er ihn als Baudenkmal in seine Listen aufnahm. Ein Abriß kam damit nicht mehr in Frage. Die Lösung des Instandhaltungsproblems sah dann so aus, dass ThyssenKrupp für Radfahrer einen Ersatz(um)weg anlegte und ab 2017 mit der Verfüllung des Tunnels begann. Seit 2018 sind die Arbeiten abgeschlossen, die beiden Zufahrten sind mit Betonmauern versiegelt worden.
Historische Aufnahme aus dem Eröffnungsjahr 1912 (ThyssenKrupp Konzernarchiv)
Matenatunnel (Wikipedia)
Objektführer Matenatunnel (Rheinische Industriekultur)
Licht am Ende des Matena-Tunnels (Der Westen, August 2012)
15.000 Tonnen Hüttensand: Maroder Matena-Tunnel wird verfüllt (Rundschau Duisburg, November 2017)
Verfolgungsjagd im Matena-Tunnel (Video: Ausschnitt aus dem Schimanski-Kinofilm "Zabou")
Die Bentley-Szene im Matena-Tunnel (Video: "Der Fall Schimanski")
englischer Text