Der diskrete Muff der 60er Jahre durchweht noch immer das Haus. Äußerlich mit ländlich-provinzieller Attitüde geschlagen, stellen die Eingangs-Drehtür und der dahinter liegende Treppenaufgang schnell kar, dass das Innenleben seinerzeit ein ganz anderes war. In der Dunkelheit der mit Brettern zugenagelten Etage schälen sich erst nach und nach die Einzelheiten heraus: der Schimmel an den Rezeptionsfächern, der alte Fernschreiber in einem Technikraum. Ein Büchlein mit Eintragungen vom Beginn der 60er-Jahre gibt Auskunft über den Telefax-Betrieb mit Berlin. Lichtdurchflutete Gesellschafträume schließen sich gleich an - wobei das Licht nicht nur freien Fenstern, sondern auch dem kaputten Dach geschuldet ist.
Die aus dem Bodengrund empor steigende Feuchtigkeit gibt dem Parkettboden eine dritte Dimension - Aufwölbungen mit Würfel- und Fischgrät-Muster durchziehen die Räume. Dort, wo der Belag aus schlichtem PVC besteht, geht man wie auf Luftkissen über morschen Untergrund.
Unvermittelt liegen alte Kassen im Treppenhaus. Ihre Anzeige (die damals noch nicht Display hieß) zeigt noch "Mark und Pfennig" als Währungseinheit. Der Hersteller NRK baute diese Geräte bis 1945 in Berlin, später dann in Augsburg. Diese hier stammt jedoch noch aus Berliner Zeiten ...
Die schwungvollste Zeit erlebte das Hotel wohl zwischen Krieg und Wende. Als Urlaubsdomizil im Sperrgebiet, in dem wegen der Grenznähe zum Klassenfeind nur die besonders verdienten Vertreter der Gesellschaft ihren Urlaub verbringen durften. Zutritt zum Ort war nur Einwohnern und den Hotelgästen gestattet.
Das erste Haus am Platze soll es einmal gewesen sein - damals. Bevor es nach der Wende als Tagungshotel heruntergewirtschaftet wurde und Mitte/Ende der 90er seine Türen schloß (1995 bis 1998 je nach Quelle). Berühmt war auch sein Nachtclub, der nun im stickig-feuchten Keller von einer zarten weißen Schimmelschicht bedeckt wird. In der Auslage stehen in deutsch-deutscher Einigkeit noch immer der Deutz & Geldermann-Sekt (West, ungeöffnet) und der Rotkäppchen-Sekt (Ost, ausgetrunken) nebeneinander - na dann "Zum Wohle"!
Nachtrag 2016:
Zwischen Juni und September 2016 wurde das Hotel abgerissen.
Weiterführende Links:
Rätsel um angebliche Kunstwerke
Das „Heine“ liegt in Trümmern
Grand Hotel im Sperrgebiet: Das "Heine-Hotel" in Schierke
Wikipedia
Menschenbilder: Hans-Jörg Sauerzapfe (ehem.Direktor)
The discrete charme of the sixties is still noticeable inside the house. A clading with rural-provincial attitude, but behind revolving door and staircase you see a completely different style. After a while some details can be seen in the darkness of the boarded-up floor: the mould in the reception boxes, the old fax machine in a small technical room. A book with entries from the beginning of the sixties shows the fax-operations with Berlin. Close to that room are light-flooded conference rooms - where the light shines in not only through unblocked windows, but also through the broken roof.
Moisture, increasing from the ground, adds a third dimension to the parquet - swellings in the surface with patterns of cubes or fishbones are crossing the rooms. And where the floor-covering consists of simple PVC, you walk over the rotten underground like on air.
Suddenly old cash registers are laying in the hallway. Their scale (which wasn't yet called a display) still shows "Mark and Penny" as a monetary unit. The manufacturer "NRK" built these devices in Berlin until 1945, later in Augsburg. This here is yet from the time in Berlin ...
The hotel had its most swinging time between war and the german union. As a holiday home in a prohibited zone, only the most important representatives of party and society were allowed to spend their holidays here nearby the border - because of the proximity of the class enemy. Access to the town and its hotels had just the residents and hotel guests. Once it was the first house on the place - before it run down as a congress hotel after the german union and closed its doors in the middle or end of the 90ies.
Famous was also his nightclub, which is now covered with a delicate thin white layer of mould, down in the sticky-damp basement. In his show box two bottles still stay together side by side in a kind of German-German union: sparkling wine from Deutz & Geldermann (west, unopened) and from Rotkäppchen (east, boozed and empty) - so ..."Cheers"!