Die Zeche, deren Waschkauengebäude und Förderturm eher den Eindruck eines neugotischen Schlosses erweckt, stellt mit ihrem Erscheinungsbild eine Besonderheit unter den erhaltenen Zechen dar. Le Hasard Cheratte steht seit der Schliessung im Jahr 1977 unter Denkmalschutz. Seither scheinen sich die Erhaltungsmaßnahmen stark in Grenzen zu halten. Die Konsistenz der Anlage ist teilweise als bedenklich zu bezeichnen: abgebrochene Betondecken und durchlöcherte Böden / Decken sprechen eine eindeutige Sprache. Immerhin: einige Eingriffe sind zu beobachten. Im Januar 2002 fehlte ein "T" im Schriftzug auf der Strassenüberführung - dieses wurde inzwischen ergänzt. Auch gab es im Januar einen Einbruch unterhalb des Turms von Hognée. Dieser wurde inzwischen verfüllt und wie auch am unteren Stollen des Schacht n°1 ein Gitter mit dem "Betreten verboten"-Schild aufgestellt. Reicht doch. Die Stollen neben Schacht n°1 dienten vermutlich dem Abtransport von Abraum über den kleinen Förderturm von Hognée. Neben diesem Schacht gab es noch zwei weitere, aber lediglich über Schacht n°1 und n°3 sind noch die Fördertürme erhalten geblieben.
Möglicherweise ist es das etwas düstere Äußere, das die Anlage auch für Randgruppen interessant gemacht hat. Dies reicht hin bis zu Vermutungen über Satanismus und Ritualmorde, über die im Januar 2003 im ZDF berichtet wurde.
Der noch vor einem Jahr auf anderen Websites geschilderte authentische Erhaltungszustand ist dank Vandalismus im Jahr 2002 nicht mehr gegeben - Spuren der hirnlosen Zerstörung lassen sich auch hier in den Innenräumen finden.
Nachtrag 2017:
15 Jahre sind seit meinem letzten Besuch vergangen. Oft bin ich hier entlang gefahren und habe Le Hasard Cheratte als große Konstante der Industrieruinen empfunden. Doch dem ist nun nicht mehr. Auch hier schlagen nun die Bagger zu und verändern die typische Kulisse von Cheratte. Ein Grund, noch mal nach der Situation vor Ort zu schauen. Es ist ernüchternd: alle Bauten, die nicht unter Denkmalschutz standen, wurden abgerissen. Geblieben sind die Lohnhalle und das Backsteingebäude um Schacht n°1. Und in deren Innerem haben 15 Jahre mit weiterem Vandalismus ihre Spuren hinterlassen. Ich bin langsam zu müde um mich darüber aufzuregen. Was soll ich gegen die Sprayidioten wettern, wenn andere gleich ihre Bagger auffahren lassen?
Lange Zeit gab es nur einen etwas heiklen Zugang auf der Rückseite. Bei Nässe kaum machbar und auch bei Trockenheit wegen einiger Stahlspitzen im Boden nicht ganz ungefährlich. Eine Rutschpartie hätte dort üble Verletzungen erzeugen können. Später gab es dann noch Inspektionsrunden des Besitzers samt nicht ganz nettem Hund. Allerdings waren dann auch legale Begehungen möglich, sofern man seine Telefonnummer hatte. Wieder später standen wohl die Tore offen - eine Einladung an alle, die sich an so einem Ort austoben wollten. Inzwischen ist die Lage wieder eine andere, die wohl bekannten Heras-Zäune sichern nun eine Baustelle. Wir werden sehen, was die SPI aus dem Gelände macht.
Cheratte blickt auf eine lange Kohletradition zurück. Mitte des 19.Jahrhunderts gab es bereits eine Schachtanlage, die aber nach 27 Jahren wegen eines schweren Unfalls aufgegeben wurde. 1907 wurde die Förderung wieder aufgenommen, der Schacht n°1 wurde auf eine Tiefe von 420m abgeteuft. Das Betriebsgelände war schon damals recht begrenzt und so erbaute man einen Förderturm im Malakow-Stil, der damals bei anderen europäischen Zechen bereits durch Stahltürme abgelöst wurde. Diese Stahlgerüste waren weniger anfällig für die Folgen der stetigen betriebsbedingten Vibrationen. Aber in Cheratte gab es nun mal ein Platzproblem und so schuf man erstmalig in Belgien ein Konstrukt, bei dem zwei mächtige Gleichstrom-Motoren oben auf dem Turm untergebracht wurden. Damit entfielen die seitlichen Zugkräfte durch eine Unterbringung in einem externen Maschinenhaus.
1913 erwarb die Minengesellschaft das nahe Chateau Seratte und brachte dort die Krankenstation und die Wohnung des Direktors unter.
1923 folgte ein weiterer Förderturm in Metallbauweise, 1927 der kleine Turm "Belle Fleur" auf der Anhöhe, über den Abraum aus dem Gelände geschafft wurde.
Das Turmensemble komplettierte ein Betonturm, der über dem zwischen 1927 und 1947 abgeteuften Schacht n°3 errichtet wurde. Die auf seiner Spitze untergebrachte Maschine erwies sich als zu schwach und so wurde nachträglich eine ebenerdige Maschine installiert und der Turm mit einer seitlichen Seilzuführung ausgestattet.<br>Zu diesem Zeitpunkt erreicht die Zeche ihren wirtschaftlichen Höhepunkt, es sind an die 1.500 Bergleute und Arbeiter dort tätig. Zum Zeitpunkt der Schließung am 31.Oktober 1977 waren es noch 600 Bergleute.
Danach wurden die Schächte verfüllt und mit Beton versiegelt. Das Gelände wird von einem Bauträger erworben, der den Stahlturm über Schacht n°2 abreißen und verschrotten lässt. Nach weiteren Demontagen wird ein Jahr nach der Schließung ein königliches Dekret veröffentlicht und der Schutz der Anlage angeordnet.
2008 wird wieder ein Abbruchantrag für die Gebäudeteile um Schacht No3 und seinen Förderturm gestellt - scheitert aber an einer starken Opposition. 2013 wird der Besitzer enteignet und der Standort gehört danach der öffentlichen Hand, die die SPI mit der Sanierung beauftragt. Noch ist nicht sicher, welche Teile erhalten werden sollen, denn nur Schachtgebäude n°1 steht unter Denkmalschutz, nicht aber die angrenzende Lampenstube / Lohnhalle oder die Brücke. Anfang 2017 starten dann die Abriss- und Sanierungsmaßnahmen.
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franz.Wikipedia: Charbonnage du Hasard de Cheratte
englischer Text