April 2003: Einem Hinweis von Dan Hinze folgend, der den bevorstehenden Abriss der Kokerei Anderlues ankündigte, entstanden knapp zwei Wochen später die meisten der vorliegenden Aufnahmen. Der Zustand der Anlage muss bereits im Produktionsstadium heruntergekommen sein - manche Zeichen des Verfalls sahen so aus, als ob schon längere Zeit ein eher fahrlässiger Umgang mit der Anlage vorgeherrscht hat. Im Labor war noch ein hölzerner (!) Labortisch mit ebensolchem Abzug zu finden wie 70 Jahre alte Elektro-Gerätschaften in der Schaltwarte.
Die Koksproduktion in Anderlues wurde zum Oktober / November 2002 eingestellt. Nun, 6 Monate später, wirkte vieles noch so, als seien die Arbeiter gerade erst nach Hause gegangen. Das Licht brannte noch in verschiedenen Gebäuden, Trafos summten, Messgeräte maßen was auch immer noch zu messen war. Auf dem Gelände war der Klang eines laut spielenden Kofferradios zu vernehmen.
Der beißende Geruch über der weißen Seite weckte Mitleid mit den Arbeitern, die hier noch kurz zuvor gearbeitet hatten. Ein kleiner Altar auf Spinden - haben hier Arbeiter vor Schichtantritt gebetet?
August 2003: Die Abrissarbeiten sind schon weit fortgeschritten, im Verwaltungsgebäude hat ein Feuer seine Spuren hinterlassen. Aber noch immer sind fast unangetastete Spuren des Arbeitslebens auf dieser Kokerei zu finden. Beim Verlassen des Geländes liegt die Kokerei still und verlassen unter dem sommerlichen Abendhimmel - es ist klar, dass dieser Abschied für immer ist.
Juli 2009: Sag niemals nie. Auf dem Rückweg einer Tour war noch etwas Zeit und Anderlues lag an der Strecke. Das Wiedersehen war frustrierend, wie zu erwarten. Vieles steht nicht mehr, die Gebäude sind entkernt oder verwüstet. Für ein paar Aussenaufnahmen reichte es aber noch.
Nachtrag 2017:
Inzwischen hat sich die Bedeutung einer Inschrift an einer Gebäudewand geklärt. Es war dort weder ein Arbeiter tatsächlich an giftigen Gasen gestorben, noch war es ein sarkastischer Kommentar über die Arbeitsbedingungen. Es war lediglich ein "Lebewohl" für den Gasometer, der bereits ein Jahr vor der Betriebsschliessung außer Dienst gestellt wurde.
Die Kokerei von Anderlues nahm 1903 ihren Betrieb auf und produzierte an diesem Standort ununterbrochen Koks, bis sie nach 99 Jahren am 30.11.2002 den Betrieb einstellte. Das Unternehmen war in Schieflage geraten, nachdem man mit den Preisen für (minderwertigeren) chinesischen Koks nicht mehr mithalten konnte. Es war klar, dass die Aufträge der Eisen- und Hüttenindustrie nicht zurück kommen würden, außerdem entsprach die Anlage nicht mehr den aktuellen Sicherheits- und Umweltstandards. Eine Modernisierung war für das verschuldete Unternehmen nicht mehr möglich.
Dort, wo heute die Halde aus Bergbauzeiten steht, verlief ursprünglich das Flußbett der Henne (Haine, Hene). Mit Beginn der Minentätigkeit in Anderlues wurde die Henne umgeleitet. Die Abwässer der Kokerei wurden später zur Spitze der Halde gepumpt, wo sich Becken befinden. Von dort sickerte es durch die Halde wieder nach unten und trat ebenerdig wieder aus, um wieder der Henne zugeführt zu werden.
Tchorski: Fotos und Berichte aus dem Arbeitsleben
Video (2001 + 2009): Anderlues Cokerie - Betriebsszenen
Video (2009): Cokerie Anderlue - Film Fabrique
Video (2010): Anderlues 20/20 - Statement von Biagio Carà
Video (2012): Les Cokeries d'Anderlues - Ausschnitt aus TV-Bericht
Attention: this is the original text from 2003, which contains a mistake about the death of a worker (which never happened). Instead I recommend to use the german page and the translation-service of Google,
April 2003: following a message from Dan Hinze (www.dubtown.de), which announced the forthcoming demolition of the coke plant Anderlues, nearly two weeks later most of these pictures were taken. The condition of the facility must already been worse during the time of production - some signs of decline looked as if there was already a rather long time of negligent handling of the plant. In the lab was still to be find a wooden (!) laboratory table with an also wooden vent and 70-year-old electrical equipment in the control room. The coke production in Anderlues was closed in October / November 2002. Now - 6 months later - was still much like the workers had just gone home. The light still burned in several buildings, transformers were buzzing, measuring instruments measured what there was still to be measured. The sound of a loud playing portable radio was to hear on the entire site.
The biting smell of the "white part" aroused sympathy with the workers who had recently worked here. Right next to a chimney with an unmistakable warning was an improvisational message to read - dedicated to the memory of a workers death caused by gas two years before. A small altar on a locker - have workers prayed here before their shift?
August 2003: The demolition work is already in an advanced state, the administrative building shows signs of a fire. But still to be found are nearly untouched traces of working life on this coking plant. When leaving the area the coke plant still lay under the summer evening sky - it was evident, that this farewell is forever.