Die Brauerei Ibing in Mülheim wurde 1863 am Kassenberg gegründet - dort wurde ausschließlich für Gaststätten gebraut und das Bier im heute noch existierenden Felsenkeller gelagert. 1870 musste bereits erweitert werden und so wurde in der Nähe ein Neubau errichtet, dessen Ruinen heute noch immer von der Ibing-Brauerei zeugen. Bis 1931 war die Brauerei ein Familienbetrieb, danach erfolgte eine Fusion mit der Teutonen-Brauerei. Während des zweiten Weltkriegs fuhren die Bierflaschen von Ibing auf U-Booten mit auf Feindfahrt - dank guter Kontakte der Brauerei-Chefs zur Reichsregierung. Die Familie Ibing behielt bis 1955 einen Platz in der Geschäftsleitung, erst danach wurden die Geschäftsanteile verkauft. Nach mehreren Besitzerwechseln wurde die Ibing-Brauerei 1968 als eine der letzten beiden Mülheimer Brauereien von einem Industriebier-Konzern geschluckt und die Produktion eingestellt. Vorübergehend siedelte sich dort eine Schlosserei an, aber seitdem verfallen die leer stehenden Gebäude.
Ein Abriß scheiterte bisher daran, dass eine vermarktbare Neunutzung nicht gegeben war. Die Brauerei liegt oberhalb des Ruhrtals über einer Strasse, an der sich früher zahlreiche Lederfabriken angesiedelt hatten, die Zulieferprodukte für den Bergbau herstellten. Bis in die Neuzeit hielt sich eine Lederfabrik, die wegen der mit der Lederproduktion verbundenen Geruchsbelästigung und damit einzuhaltender Abstände eine Erschließung des Ibing-Grundstücks verhinderte.
Das Gebäude war bereits 2002 in einem sehr schlechten und unsicheren Zustand. Nicht vorhandene Decken ermöglichen es dem Regen, die Böden anzugreifen. Damals habe ich mich noch hineingewagt, heute würde ich dies niemandem angesichts zusammengestürzter Decken und Wände raten. Das Risiko steht in keinem Verhältnis zu der Ausbeute potentieller Fotomotive: die Räume sind größtenteils leer, einige wenige Anlagenteile sind jedoch verblieben. Imposant ist allenfalls der gekachelte Raum, in dem noch die alten Kessel stehen. Hinter den Gebäuden befindet sich eine verwilderte Freifläche, bei deren Betreten man auf der Hut sein muss - unvermittelt kann sich vor einem ein tiefer Schacht auftuen. Ob dieser einmal ein Brunnen war? Oder eine Lüftung für einen Lagerkeller? In jedem Fall droht Gefahr nicht nur von unten, sondern auch durch morsche Bäume, die für die Anwohner ein permanentes Risiko darstellen.
Nachtrag 2018:
In dem weiter unten verlinkten Video ist der Lagerkeller zu sehen, dessen Zugang mir bei meinem Besuch nicht aufgefallen war. Damit erklärt sich auch der Schacht in der überwucherten Freifläche.
Seniorenzeitung, Seite 13: Die Ibing-Brauerei
Der Westen (Sept. 2009): Anwohner an Brauerei-Ruine fürchten um ihr Leben
Der Westen (Juli 2014): Mülheim war einst Brauereistadt – ein Blick in alte Kessel
Westfälische Rundschau (Aug. 2016): Einst schäumten in Mülheim über 120 Brauereien
Videorundgang von "PeppiePenguin" im Jahr 2015 (25 Min.)
englischer Text