Im ausgehenden 19.Jahrhundert ahnte sicher noch niemand, dass sich ein florierender Gewerbebezirk einmal zu einem städtischen Problemfall entwickeln würde. Damals siedelte sich die Kesselbau-Firma "Forges et Estampages de Bierset" an und ermöglichte es Kleinunternehmen, sich in Erweiterungsbauten niederzulassen. Immerhin 5-6 Hektar umfasste schließlich die Betriebsfläche und im Jahr 1903 vereinigten sich die dort ansässigen Unternehmen zur "Société Anonyme des Chaudronneries Pierre Brouhon".
Es war die Zeit der Industrialisierung in Europa und im Becken von Lüttich boomte die Schwerindustrie. Davon profitierte auch das Kesselbau-Unternehmen, die Auftragsbücher waren prall gefüllt und in der Spitzenzeit fanden dort bis zu 1500 Menschen einen Arbeitsplatz. Aber nichts hat Bestand für immer, die Region wurde von der Kohle- und Stahlkrise erfasst, Investitionen gingen zurück und die ausländische Konkurrenz erhöhte den Druck. Nach und nach schrumpfte auch die "Chaudronneries Pierre Brouhon".
Im Dezember 2001 wurde dann nach fast hundertjähriger Tätigkeit das Ende eingeläutet. Zu diesem Zeitpunkt gehörte das Unternehmen seit drei Jahren einem neuen Besitzer, der regen Gebrauch von der Kundendatenbank machte. Die Produktion erfolgte aber nicht bei Brouhon, sondern in erheblichen Teilen bei Subunternehmen in der Tschechischen Republik. Schulden lasteten auf dem Werk, über allem schwebte noch ein Gerichtsverfahren mit Tractebel. Als dann noch zwei wichtige Aufträge verschoben bzw. gecancelt wurden, gab es keine Rettung mehr. Die noch beschäftigten 52 Mitarbeiter mussten Mitte Januar 2002 den Weg in die Arbeitslosigkeit antreten, die Firma wurde geschlossen.
Der Ort hatte nun eine schadstoffbelastete und vor sich hin gammelnde Industrierune inmitten eines Wohnviertels. Die Gemeinde wandte sich an den zuständigen Minister um eine Sanierung des Standortes zu erwirken. Neues Gewerbe sollte sich ansiedeln und eine neue Anbindung zum benachbarten Flughafen sollte geschaffen werden. 2003 wurde die Fläche von einem Privatinvestor gekauft. Bis 2006 dauerte es, bis endlich ein ministerielles Dekret vorlag, das die Sanierung anordnete. Dazu muss der Standort aber einem öffentlichen Betreiber gehören, was nun nicht mehr der Fall war. was nun in den kommenden zwei Jahren passiert, ist mir im einzelnen nicht bekannt. 2008 wird der private Eigentümer enteignet - die Sanierung war bis dahin nicht vollständig durchgeführt worden. Das Gelände erhielt eine neue Einstufung (SRPE statt SAED - was auch immer das heißen mag) und wurde der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Provinz Lüttich SPI+ übereignet, die nun die Sanierung fortführen sollte.
Nun ist das Tätigkeitsprofil der SPI+ damit umschrieben, dass sie brachliegende Industriegebiete wieder herstellt und für gewerbliche Nachnutzer wieder zur Verfügung stellt. Der Entwicklungsplan der Gemeinde sieht aber den Ausbau der Wohnbebauung, die Anlage eines Parks und die Ansiedlung von Handwerk vor.
10 Jahre später ist davon noch nichts zu sehen. Von der ursprünglichen Fabrik für Kessel und Boiler steht noch ein Magazin, das Verwaltungsgebäude mit zahlreichen Betriebsdokumenten und einige Hallen - die Produktionsflächen sind jedoch vollständig abgeräumt und es wächst Gras über sie. 2016 wurde die Urbex-Szene auf das Gelände aufmerksam, vor allem aus 2017 existieren zahlreiche Fotos, die den nun einsetzenden Verfall durch Vandalismus dokumentieren.
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